Deutsch - Dr. Ali Fathollah-Nejad • Official Website
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Eine Region aus den Fugen

Der Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien eskaliert gefährlich. Wenn keine nachhaltige Sicherheitsarchitektur für die Region entwickelt und implementiert wird, ist die nächste, noch viel größere Eskalation nur eine Frage der Zeit.  

Das Jahr 2016 begann mit zwei Paukenschlägen in der Dreiecksbeziehung zwischen Iran, Saudi-Arabien und dem Westen: einerseits mit einem neuen Tiefpunkt in den ohnehin angespannten saudisch-iranischen Beziehungen und andererseits mit dem Beginn einer Normalisierung der iranisch-westlichen Beziehungen nach der erfolgreichen Implementierung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) am 17. Januar.

Am 2. Januar ließ Saudi-Arabien – aus innen- und außenpolitischer Bedrängnis – den schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr mitsamt weiteren 46 als Terroristen gebrandmarkten Oppositionellen hinrichten. Die im Anschluss von einem Mob von Ultra-Hardlinern begangenen Angriffe auf diplomatische Vertretungen Saudi-Arabiens in Iran wurden von Riad mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Teheran beantwortet. Zugleich nötigten die Saudis ihre Verbündeten wie Bahrain und Sudan, dasselbe zu tun. Derweil kündigte das iranische Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei „göttliche Rache“ an und veröffentlichte auf seiner Website eine Karikatur, die saudische Henker mit denen von Daesh/IS gleichsetzt. Irans Präsident Hassan Rohani wiederum mahnte bei einem Treffen mit dem dänischen Außenminister Kristian Jensen in Teheran, er hoffe, „dass europäische Staaten, die ja stets auf Menschenrechtsthemen reagieren, dies auch in diesem Falle tun werden“.

Hardliner fürchten um ihre Pfründe

Die harsche Kritik aus Teheran an den verabscheuungswürdigen Massenhinrichtungen ist jedoch alles andere als glaubwürdig: Denn nicht Saudi-Arabien, sondern Iran verbuchte 2015 die weltweit höchste Hinrichtungsrate. So ist es kaum an Ironie zu übertreffen, dass eine Theokratie, die ihre Opponenten hinrichtet, einer anderen Theokratie genau dies vorwirft. Derweil beeilte sich Irans zentristischer Präsident, die Angriffe auf die diplomatischen Vertretungen der Saudis zu verurteilen und dafür „extremistische Einzelpersonen“ verantwortlich zu machen.

Zweifellos spielt diese neue Eskalation Hardlinern auf beiden Seiten in die Hände. Jene, die in der Islamischen Republik Iran aufgrund des Annäherungsprozesses an den Westen um ihre politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Pfründe fürchten, wollten sich die Chance nicht nehmen lassen, die Annäherung zu stören. Zudem kann die saudi-arabische Massenhinrichtung durchaus als gezielte Provokation verstanden werden, da eine allzu harsche Reaktion Irans hätte instrumentalisiert werden können, um die Implementierung des Atomdeals doch noch zu torpedieren.

Unvereinbare geopolitische Ziele

Wohlgemerkt, die iranisch-saudische Rivalität ist nicht konfessioneller Natur und auch keine Fortsetzung einer „uralten Feindschaft“ zwischen den sunnitischen und schiitischen Abzweigungen des Islam. Vielmehr ist diese Lesart seit jeher Bestandteil einer imperialen Teile-und-Herrsche-Politik, die zuletzt in den Jahren nach 2000 Hochkonjunktur hatte. Die gewaltsame Beseitigung des Regimes von Saddam Hussein durch die USA 2003 und die darauffolgende Zerschlagung des irakischen Staates hat einem iranischen Machtzuwachs den Boden bereitet. Saudi-Arabien reagierte darauf mit einem immer aggressiveren anti-iranischen und sektiererisch anti-schiitischen Diskurs. Zudem hat es Riad versäumt, im Irak politischen Einfluss auszuüben.

Das große Problem zwischen Iran und Saudi-Arabien besteht somit nicht in einem konfessionellen Konflikt, sondern darin, dass beide Staaten unvereinbare geopolitische Ziele verfolgen. Beide erheben den Anspruch auf die regionale Vormachtstellung und auf die Führungsrolle in der islamischen Welt – maximalistische Positionen, die eine Konfrontation naturgemäß heraufbeschwören. Die Rivalität wird dabei durch die Abwesenheit einer Sicherheitsarchitektur und den Staatszerfall in der Region verschärft.

Die gegenwärtigen Spannungen sind indes Symptom einer sich verändernden regionalen Machtbalance: In dem Maße, wie Iran im vergangenem Jahrzehnt zur stärksten Macht in Westasien avanciert ist und sich nun dem Westen annähert, fürchtet Saudi-Arabien um seine Stellung als Hauptpartner des Westens am Golf und all die damit verbundenen Privilegien. In Riad herrscht deswegen viel Furor, aber auch Panik. Die Vereinigten Staaten hätten den Iranern die Region auf dem Silbertablett präsentiert, heißt es, und dabei die Interessen ihrer saudischen Verbündeten mit Füßen getreten. Saudi-Arabien zog daraus die Lehre, seinen Machtanspruch im Alleingang und nicht mehr immer in Abstimmung mit Washington durchzusetzen. Die Unterstützung radikalislamistischer Gruppen in Syrien ist das beste Beispiel für diese Tendenz.

Irans Regierung wiederum hat es nun mit gewaltigen Herausforderungen zu tun. Die Annäherung an den Westen steht unter äußerst schwierigen regionalpolitischen Vorzeichen. In westlichen Kreisen ging man davon aus, dass sich der Atomdeal entspannend auf die Region und die iranische Innenpolitik auswirken würde. Das mag mittel- und langfristig der Fall sein, kurzfristig hat der Deal aber eine genau entgegengesetzte Dynamik entfaltet. So konnte die politische Repression in Iran unter dem Schirm der Annäherung an den Westen sogar forciert werden. Mittlerweile ruft die sich verschlechternde Menschenrechtslage im Land keinerlei nennenswerte Proteste aus westlichen Hauptstädten mehr hervor. Zugleich hat das Atomabkommen die ohnehin grassierenden anti-iranischen Ressentiments bei wichtigen politischen Akteuren in der Region verstärkt, nicht nur in Saudi-Arabien, sondern auch in Israel. Diese beiden traditionellen Verbündeten der Amerikaner betrachten Iran seit der diplomatischen Einigung im Juli 2015 mit noch schärferen Argusaugen. Sie befürchten, dass Washington Iran als neuen Hauptverbündeten in der Region auserkoren hat und der iranischen Regionalpolitik freie Hand lassen will.

Derweil besitzt die EU durchaus Mittel, um auf das saudische Herrscherhaus einzuwirken. Eine ernsthafte Umkehr bei den Rüstungsexporten wäre beispielsweise ein längst überfälliger Schritt in einer Region, die politisch und militärisch einem Pulverfass gleicht. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen und politischen Bedeutung für Iran besitzt die EU durchaus Möglichkeiten, auch auf Teheran Einfluss auszuüben. Hier sollte auf die Verbesserung der desolaten Menschenrechtssituation in Iran und auf Änderungen der sektiererischen Syrien- und Irak-Politik Teherans hingewirkt werden.

Die Rolle des Westens bleibt zwiespältig

Eine politische Lösung der vielen Konflikte in der Region dürfte mit der Zeit in immer weitere Ferne rücken, da Saudi-Arabien und Iran ihren hegemonialen Wettbewerb eher noch verschärfen werden. Dies wirkt sich bereits jetzt beim Kampf gegen Daesh/IS aus. So muss das von Riad gebildete „sunnitische“ Militärbündnis seine Ernsthaftigkeit erst noch unter Beweis stellen. Denn solange die Auseinandersetzung mit Iran für Saudi-Arabien eine höhere Priorität genießt als der Kampf gegen Daesh/IS, solange wird Riad weiterhin gegen den iranischen Einfluss gerichtete radikalislamistische Gruppierungen unterstützen oder zumindest dulden.

Für den Westen bedeutet all dies, dass der ohnehin komplizierte Spagat zwischen der Annäherung an Iran und dem business as usual mit Saudi-Arabien noch schwieriger wird. Es rächt sich nun, dass man lange Zeit keine Gesamtstrategie für die Region verfolgt hat, die – notfalls durch Druck von außen – eine inklusive Sicherheitsarchitektur implementiert hätte.

So bleibt die Rolle des Westens zwiespältig. Die lukrativen Waffengeschäfte mit den Scheichtümern am Golf – eine Art Recycling der dortigen Petrodollars – sind nicht ohne den Verrat demokratischer Werte zu haben. Hinzu kommt ein weiteres massives Glaubwürdigkeitsproblem: Die jüngste Geschichte und zuletzt das Rapprochement mit der Islamischen Republik Iran haben gezeigt, dass der Westen zu Menschenrechtsverletzungen schweigt, wenn autoritäre Regime als Partner fungieren. Dies ist auch bei den Beziehungen zu Ägypten und der Türkei zu beobachten. Gewiss, Realpolitik war noch nie auf moralische Maßstäbe angewiesen. Doch die Doppelmoral, die sich hier offenbart, wird sowohl auf zwischenstaatlicher als auch auf zivilgesellschaftlicher Ebene registriert. Auch deswegen reicht es nicht aus, wenn das Auswärtige Amt behauptet, der Mittlere Osten sei „der Welt etwas schuldig“.

Jetzt wäre Selbstkritik angemessen

Vor einem Jahr betonte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeierauf der Jubiläumsfeier der Berliner Republik zu Recht, wie wichtig die Fähigkeit zur Selbstkritik sei: „Alle Außenpolitik beginnt mit Verstehen und Verständigung. … Gerade die Außenpolitik muss sich die Fähigkeit zur Selbstkritik bewahren. In einer Welt, die sich immer rasanter verändert und in der Krise immer mehr Normalfall statt Ausnahme ist, muss Außenpolitik in der Lage sein, die eigene Position ständig zu überprüfen und zu erneuern.“ Getreu diesem Leitmotiv kommt es heute darauf an, mit Versäumnissen der Vergangenheit aufzuräumen und neu darüber nachzudenken, wie regionale und nicht-regionale Akteure in notwendige Befriedungsprozesse eingebunden werden können. Die Nachhaltigkeit eines solchen Anliegens hängt davon ab, ob Sicherheits- und Entwicklungspolitik systematisch zusammengedacht werden – eine allzu leichtfertig vergessene Lehre aus den Arabischen Revolten. Eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZ) im Nahen und Mittleren Osten wäre das optimale Format, um beide Aspekte zusammenzubringen und sowohl die sozio-ökonomische Misere als auch das Sicherheitsdefizit anzugehen.

Dabei müsste geklärt werden, ob der Fokus solch einer KSZ auf der gesamten Region (inklusive Ägypten, der Türkei und Israel als regionaler atomarer Monopolmacht) oder auf dem Persischen Golf liegen sollte. Ganz gleich, wie die Entscheidung ausfällt, bietet sich ein zweigleisiges Vorgehen an: Als vertrauensbildende Maßnahme sollte mit „weichen Themen“ begonnen werden (Umweltschutz, Flüchtlingsproblematik, Ausbau des intra-regionalen Handels, nachhaltige Wirtschaftspolitik, Infrastrukturprojekte, Trinkwasser), bevor die „harten Themen“ der Sicherheits- und Militärpolitik behandelt werden. Bei Letzerem müssten die Vorteile des Konzepts der „gemeinsamen Sicherheit“ systematisch verdeutlicht werden – im Gegensatz zum bisherigen sicherheitspolitischen Nullsummenspiel.

Arrangements mit Diktaturen rächen sich

Solch eine Konferenz zu initiieren könnte auch die Aufgabe des neuen Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die Stabilitätspartnerschaft Mittlerer Osten sein, durch die Deutschland seinen „politischen, humanitären und finanziellen Einsatz für die Region … in diesem Jahr massiv ausweiten“ will (so Außenminister Steinmeier aus Anlass der Ernennung des Sonderbeauftragten Joachim Rücker am 3. Januar). Generell muss es darum gehen, sich von einem Status quo ante zu verabschieden, in dem sich der Westen zur Aufrechterhaltung einer oft fragilen Ordnung mit Diktaturen arrangiert hat. Die westliche Wirtschafts- und Entwicklungspolitik sollte in Zukunft mehr auf soziale Verträglichkeit und Nachhaltigkeit achten, um der Gesamtbevölkerung zugute zu kommen, anstatt wie bisher allein die politischen Eliten zu stärken. Dies bedeutet auch, dass eine Revitalisierung der lukrativen Wirtschaftsbeziehungen mit Iran mit sozialdemokratischen Werten verknüpft werden sollte – nach dem Motto „Wandel durch Handel und Annäherung“.

Die Prokrastination der westlichen Politik rächt sich nun in einer Region, die zusehends aus den Fugen geraten ist. Die jüngste Eskalation des saudisch-iranischen Konflikts mag das Ziel einer inklusiven regionalen Sicherheitsarchitektur momentan als Wunschdenken erscheinen lassen. Doch wenn die durchaus schwierige gegenwärtige Lage als Vorwand herangezogen würde, auch weiterhin nichts für eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur im Nahen und Mittleren Osten zu unternehmen, ist die nächste Eskalation nur eine Frage der Zeit.

 

QUELLE

Ali Fathollah-Nejad (2016) “Eine Region aus den Fugen” [A region unravelling], Berliner Republik: Das Debattenmagazin, Nr. 1/2016 (Februar), S. 29–31.

Offener Brief von deutschen Nahost-Experten zur Gaza-Krise | Open Letter of German Middle East Experts on the Gaza Crisis

 

An:

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel 

Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier 

Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller 

Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel 

Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen 

Die außenpolitischen Sprecher der Fraktionen und Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten 

Die verteidigungspolitischen Sprecher der Fraktionen und verteidigungspolitischer Ausschuss 

Die entwicklungspolitischen Sprecher der Fraktionen und Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 

Die wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktionen und Ausschuss für Wirtschaft und Energie 

 

Dauerhaften Waffenstillstand erzielen, Blockade beenden – 

Entwicklungsperspektiven für Gaza, Westjordanland und Ostjerusalem schaffen

 

Wir, deutsche Nahostexpertinnen und -experten, beschäftigen uns professionell mit der Entwicklung in den besetzten palästinensischen Gebieten. Wir setzen uns im Bereich der Wissenschaft, Entwicklungszusammenarbeit, Demokratie-, Friedens- und Menschenrechtsarbeit vor Ort in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Deutschland für die Schaffung eines unabhängigen, demokratischen Staates Palästina, der in Frieden mit Israel und seinen Nachbarn leben kann, ein.

Über einem Monat haben wir einem zerstörerischen Krieg zusehen müssen, der alle diese Anstrengungen zunichte macht und auf Monate, möglicherweise auf Jahre hinaus die Entwicklungsperspektive des Gazastreifens beeinträchtigt und Hoffnungen auf einen dauerhaften Frieden in Nahost schmälert. Wir verurteilen die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele. Gewalt, die sich gegen Zivilisten richtet, ist weder von militanten palästinensischen Gruppen noch von Seiten Israels zulässig.

In diesem Konflikt sind wir vor allem besorgt um Zivilisten in Palästina wie in Israel und in großer Sorge um unsere Partner/innen, Kollegen/innen und Freund/innen im Gazastreifen. Sie erleben wie alle Zivilisten mit ihren Familien einen Albtraum in dem schmalen Küstenstreifen, dem sie nicht entfliehen können. Die militärischen Angriffe, denen 1,8 Millionen Menschen schutzlos ausgesetzt waren, hinterlassen tiefe Wunden und schwere Traumata mit unvorhersehbaren Langzeitfolgen. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurde eine halbe Million Menschen während des Krieges intern vertrieben; fast 2.000 Menschen wurden getötet, mehr als 10.000 verletzt, über 15% der Wohnhäuser und 230 Schulen beschädigt, davon 25 vollständig zerstört; die bereits unzureichende Infrastruktur, Wasserversorgung, Kläranlagen, das einzige Elektrizitätswerk bei Luftangriffen teilweise zerstört. Die Kapazitäten für die medizinische und humanitäre Versorgung sind erschöpft, unter anderem weil auch mehrere Krankenhäuser und UN-Einrichtungen bei Angriffen stark beschädigt wurden.

Wir arbeiten und forschen zur Entwicklung in den besetzten palästinensischen Gebieten, die gemäß internationalem Recht die Gebiete Westjordanland, Ostjerusalem und Gaza umfassen. In den letzten Jahren ist der Austausch zwischen diesen Gebieten immer schwieriger geworden, die Reisefreiheit von Palästinenserinnen und Palästinensern wird massiv eingeschränkt bzw. fast völlig verhindert. Das betrifft auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die palästinensischen Partnerorganisationen der vor Ort tätigen deutschen und internationalen Organisationen, deren Entwicklungsziele so kaum umgesetzt werden können.

Insbesondere der Gazastreifen steht seit 2007 unter einer völlig kontraproduktiven Blockade, welche die Menschen in eine fatale Hilfsökonomie ohne Entwicklungsperspektiven gedrängt hat. Im Jahr 2012 veröffentlichten die Vereinten Nationen einen Bericht mit dem Titel „Gaza in 2020“, der schlussfolgert, dass bei einer Fortsetzung der Blockadepolitik die Lebensgrundlagen für die rasch wachsende Bevölkerung von 1,8 Millionen Menschen bis dahin völlig zerstört sein werden.

Die destruktive Blockade des Gazastreifens zu See, Land und Luft muss aufgehoben werden. Dies kann unter internationaler Kontrolle geschehen, die gewährleistet, dass keine Waffen in den Gazastreifen gelangen, um so den legitimen Sicherheitsinteressen Israels gerecht zu werden. Die israelische Zivilbevölkerung hat ein Recht auf ein Leben ohne Angst. Das gilt ebenso für alle Palästinenserinnen und Palästinenser. Fast 2.000 Opfer, nach UN-Schätzungen rund 80% Zivilisten, von denen wiederum nach UNICEF-Angaben bis zu 30% Kinder sind, dürfen nicht mit dem Argument des Anti-Terrorkampfes oder des Rechts auf Selbstverteidigung hingenommen werden. Die überwiegend jungen Menschen im Gazastreifen (mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt) brauchen dringend Perspektiven für ihre Zukunft. Sie benötigen eine bessere Ausbildung, ein Ende der Isolation und eine Normalisierung und Stabilisierung der Wirtschaft im Gazastreifen. Das würde einen entscheidenden Beitrag für die Sicherheit der Bevölkerung auf beiden Seiten leisten, denn eine rein militärische Bekämpfung von bewaffneten Gruppen, die sich von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit nähren, wird aussichtslos bleiben und erreicht erfahrungsgemäß das genaue Gegenteil.

Die Verwirklichung der Zweistaatenlösung als beste Garantie für die Sicherheit Israels sowie Palästinas ist ebenso wie das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser erklärtes Ziel deutscher Außenpolitik. Um diese Perspektive zu erhalten, ist ein Ende der Siedlungspolitik im Westjordanland und in Ostjerusalem, eine Stärkung der palästinensischen Präsenz in Ost-Jerusalem sowie die Aufhebung der Gaza-Blockade notwendig. Die im Juni gebildete parteilose palästinensische Übergangsregierung, die auf einem Versöhnungsabkommen von Fatah und Hamas basiert und die so genannten „Quartettbedingungen“ akzeptiert hat, ist dafür der legitime Ansprechpartner und muss politisch gestärkt werden.

Die Hamas bleibt, ungeachtet der Aktivitäten ihres militärischen Flügels, eine populäre politische Partei. Der Dialog mit den politischen Vertretern der Hamas sollte deshalb nicht länger verweigert werden, die Bilanz der Isolationspolitik seit dem Wahlsieg 2006 ist ernüchternd. Ein solcher Dialog muss eine deutliche, direkte Kritik an der inakzeptablen Haltung der Hamas in Fragen der Menschen- und Frauenrechte sowie die Forderung nach Anerkennung Israels im Rahmen eines Friedensabkommens, das die Festlegung der Grenzen verbindlich regelt, einschließen. Voraussetzung ist, dass die Hamas wie z.B. nach dem letzten Krieg 2012 einen verhandelten, dauerhaften Waffenstillstand einhält und auf terroristische Mittel verzichtet. Nur durch eine politische Einbindung und eine nachhaltige Konfliktregelung wird sich langfristig auch die Demilitarisierung ihrer Milizen durchsetzen lassen.

Ohne Aufhebung der Blockadepolitik gibt es keinerlei Entwicklungsperspektive für die Menschen in Gaza und keine Chance für die Zweistaatenlösung. Die Arbeit der Entwicklungsorganisationen vor Ort, für die einige von uns tätig sind, kann ohne grundlegende Änderung des Status Quo bestenfalls auf eine kurzfristige Nothilfe beschränkt bleiben. Milliarden von Euro, die in Staatsaufbau oder Entwicklung fließen, sind fehlinvestiert, wenn sie in der aktuellen oder der nächsten dann unweigerlich folgenden Welle der Gewalt zerstört werden. Das schadet in erster Linie den Menschen vor Ort. Es ist aber auch ein fahrlässiger Einsatz von deutschen Steuermitteln und ein verfehlter Ansatz für die Entwicklungs- und Demokratiearbeit.

Wir bitten Sie

  • sich für die Erreichung eines nachhaltigen Waffenstillstandes einzusetzen, der das weitere Sterben von Zivilisten auf beiden Seiten verhindert und der massiv bedrohten, überwiegend jungen Zivilbevölkerung in Gaza dauerhaften Schutz bietet;
  • gegenüber Ägypten und Israel die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens durchzusetzen, um eine Normalisierung des Güter- und Personenverkehrs zu ermöglichen und dabei israelische Sicherheitsinteressen durch internationale Beobachter und Unterstützung zu gewährleisten;
  • Nothilfe und Wiederaufbaumaßnahmen in Gaza bereitzustellen, aber nicht ohne auch Israels völkerrechtliche Verantwortung als Besatzungsmacht für den Wiederaufbau einzufordern;
  • die bereits anerkannte, im Juni eingeschworene palästinensische Einheitsregierung und ihre Regierungsgewalt über den Gazastreifen sowie Handlungsfähigkeit in den gesamten palästinensischen Gebieten inklusive Ostjerusalems mit Nachdruck zu stärken;
  • die Tötung von Zivilisten vor und während der Angriffe auf den Gazastreifen zu untersuchen, zu einer internationalen Untersuchung aktiv beizutragen und den Beitritt Palästinas zum Internationalen Strafgerichtshof zu unterstützen. Gleichzeitig die Zerstörung ziviler Infrastruktur (so wie die Bombardierung des einzigen Elektrizitätswerkes von Gaza, Kläranlagen, Krankenhäuser etc.), die  seit Jahren mit EU- und bundesdeutschen Geldern finanziert wird, zu untersuchen und Kompensation von Israel einzufordern;
  • die restriktiven deutschen Rüstungsexportbestimmungen auch im Nahen Osten auf alle Konfliktparteien anzuwenden sowie die militärische Zusammenarbeit mit Israel auf den Prüfstand zu stellen;
  • sich mit Nachdruck für ein Ende der israelischen Besatzung der palästinensischen Gebiete einzusetzen und für beide Seiten verbindliche, völkerrechtskonforme Vorschläge für eine Konfliktregelung zu machen.

19. August 2014

Die Liste der Erst- und weiterer UnterzeichnerInnen finden Sie hier: https://sites.google.com/site/nahostexpertengaza/news

Weitere UnterzeichnerInnen melden sich bitte per E-Mail an: gaza_deuexperten@mail.de



OPEN LETTER OF OVER 150 GERMAN MIDDLE EAST EXPERTS ON THE GAZA CRISIS

NOTE: During the recent war on Gaza, over 150 German Middle East experts addressed an open letter to Federal Chancellor Angela Merkel and key members of her cabinet. The letter received coverage by prominent German media outlets, such as Spiegel Online and Zeit Online, spurred some debate in the German public on Germany’s foreign relations towards Israel and its policies towards the Middle East in general and Gaza in particular. The letter was further addressed to Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier, Minister for Economic Cooperation and Development Gerd Müller, Minister for Economic Affairs and Energy Sigmar Gabriel and Minister of Defence Ursula von der Leyen. In addition, it was sent to the German Bundestag’s Committee on Foreign Affairs, the Defence Committee, the Committee for Economic Cooperation and Development and the Committee on Economic Affairs and Energy

Among the signers are Prof. Helga Baumgarten, a German political scientist at Birzeit University; leading members from the Centre for Modern Oriental Studies (ZMO) in Berlin, a leading German research institution on the Middle East; the chairwoman of pax Christi Germany, a Catholic peace organization; former and current employees of German aid and development organizations in Palestine/Israel; leading scholars and journalists specialized in the Middle East; as well as former and current employees of ​various German party-affiliated foundations.

 

Reaching a permanent ceasefire, ending the siege – Creating development perspectives for Gaza, the West Bank and East Jerusalem

 

We, German Middle East experts, are professionally engaged with the development in the Occupied Palestinian Territories. In the areas of science, development cooperation, democracy, peace and human rights we are campaigning in the Occupied Palestinian Territories and in Germany for the creation of an independent democratic state of Palestine, which can live in peace with Israel and its neighbours.

For over a month we have had to witness a destructive war, which shattered all these efforts and will for months to come, possibly years, hinder perspectives for development in the Gaza Strip, reducing hopes for a permanent peace in the Middle East. We condemn the use of force for the realization of political goals. The use of force against civilians is not acceptable, neither from militant Palestinian groups nor from Israel.

In this conflict we are particularly concerned about civilians in Palestine and in Israel, as well as for our partners, colleagues and friends in the Gaza Strip. Like all civilians and their families, they are experiencing a nightmare in that narrow coastal strip from which they cannot flee. The military strikes, to which 1.8 million defenceless people were subjected, have left deep scars and severe traumas with unpredictable long-term consequences. According to the United Nations, half a million people were internally displaced during the war; nearly 2,000 people were killed, more than 10,000 injured, over 15% of the residential buildings and 230 schools were damaged, 25 of which were fully destroyed; the already insufficient infrastructure, water supply and sewage plants and the only power generation plant were partly destroyed by air strikes. The capacities for medical and humanitarian supplies are exhausted, among other reasons because several hospitals and UN facilities were severely damaged by the strikes.

We are working and conducting research on the development in the Occupied Palestinian Territories, which according to international law comprise the West Bank, East Jerusalem and Gaza. Over the past years, exchange between these areas has become increasingly difficult, and the freedom of movement for Palestinians has been massively restricted or almost completely obstructed. This also concerns the employees and the Palestinian partner organizations of the German and international organizations active on the ground, making it nearly impossible for them to carry out their development goals.

Particularly the Gaza Strip has since 2007 been subjected to a completely counterproductive siege which has forced the people into a fatal aid economy devoid of perspectives for development. In 2012, the United Nations issued a report entitled “Gaza in 2020” that concluded that with the continuation of the siege the livelihoods of the rapidly increasing population of currently 1.8 million people will be fully destroyed by that time.

The destructive siege of the Gaza Strip by sea, land and air must be lifted. This can be done under international monitoring, which would guarantee that no weapons can reach the Gaza Strip, so as to satisfy Israel’s legitimate security interests. Israel’s civil society has the right to live without fear. This is equally valid for Palestinians. Nearly 2,000 victims, according to UN estimates around 80% of them civilians, from which – according to UNICEF figures – up to 30% were children, must not be accepted through the claim of a fight against terrorism or the right of self-defence. The predominantly young population of the Gaza Strip (more than half of which is under 18 years old) urgently need perspectives for their future. They need better education, an end of the isolation as well as normalization and stabilization of the economy in the Gaza Strip. This would be an essential contribution towards the safety of the populations on both sides, since a purely military fight against armed groups – who are nurtured by desperation and hopelessness – will remain futile and, as experience has shown, brings about the exact opposite of the desired effect.

The realization of the two-state solution as the best guarantee for the safety of Israel and of Palestine as well as the self-determination of the Palestinians are declared aims of Germany’s foreign policy. To preserve this prospect, it is necessary to put an end to settlement policy in the West Bank and East Jerusalem, to boost the Palestinian presence in East Jerusalem and to lift the siege on Gaza. To that end, the Palestinian transitional government of technocrats, formed in July, which is based on a reconciliation agreement between Fatah and Hamas and which has accepted the so-called “Quartet conditions”, constitutes the legitimate interlocutor and ought to be politically empowered.

Hamas remains, regardless of the activities of its military wing, a popular political party. Dialogue with the political representatives of Hamas should therefore no longer be rejected: the balance sheet of the policy of isolation since its electoral victory of 2006 is sobering. Such a dialogue must include an explicit and direct criticism of Hamas’ unacceptable stance on issues of human rights and women’s rights, as well as the demand to recognize Israel in the framework of a peace agreement containing a binding resolution of the border issue. A precondition is that Hamas, for instance as it did after the previous war in 2012, observes a negotiated permanent ceasefire and refrains from using terrorist acts. Only through political integration and an enduring conflict resolution will it be possible to enforce the demilitarization of its militias for the long term.

Without lifting the siege, there can be no prospect for development for the people of Gaza and no chance for a two-state solution. Without a fundamental change to the status quo, the work of development organizations on the ground, in which some of us are active, is at best limited to short-term emergency aid. Billions of euros, which flow into state building or development, are misguided investments, if they are destroyed during the current or the next, inevitably pending waves of violence. This will chiefly harm the people on the ground. This also constitutes a negligent use of German tax money as well as a misguided approach towards development and democracy work.

We ask you:

  • to commit yourselves to a permanent ceasefire, which prevents further killing of civilians on both sides and offers permanent shelter for the massively threatened, overwhelmingly young civil population in Gaza;
  • to force Egypt and Israel to lift the siege of the Gaza Strip, so as to enable a normalization of the movement of goods and people, thereby guaranteeing Israeli security interests through international observers and assistance;
  • to provide for emergency aid and reconstruction work in Gaza, but not without demanding that Israel fulfil her international legal responsibility as occupying power as regards  reconstruction;
  • to vigorously strengthen the already recognized Palestinian unity government, which was sworn into office in June, and its governance over the Gaza Strip and its ability to act in the entire Palestinian territories including East Jerusalem;
  • to investigate the killing of civilians before and during the attacks on the Gaza Strip, to make an active contribution to an international investigation and to support Palestine joining the International Criminal Court; at the same time to investigate the cases of the destruction of civilian infrastructure (such as the bombing of the only power generation plant in Gaza, sewage plants, hospitals etc.) that has been financed for years by the EU and Germany, and to demand compensation from Israel.
  • to apply the restrictive German arms export regulations to all the parties in the Middle East as well as to put under scrutiny the military cooperation with Israel;
  • to vigorously work towards ending the Israeli occupation of the Palestinian territories, and to make suggestions to both sides for a conflict resolution that are binding and in conformity with international law.


LIST OF SIGNERS: 
https://sites.google.com/site/nahostexpertengaza/news

Translated from the German original – entitled »Offener Brief von deutschen Nahost-Experten zur Gaza-Krise« – by Phil Butland, edited by Ali Fathollah-Nejad.

Long Live the Tyrant! The Myth of Benign Sanctions

 

Sacrosanct sanctions: A chimeric construction 

They aim to bring recalcitrant tyrants to their senses, to put an end to their external as well as internal malefaction. With surgical precision, they pull the noose ever closer around the tyrant’s neck, so that in hopeless despair he is compelled to behave reasonably in foreign affairs while, enfeebled, he lifts his bloodied hands from the throat of the oppressed people. It is a morally justified decapitation of evil, the salutary removal of a swelling tumor.

Undoubtedly, in this description sanctions are an extremely attractive option to do twice as well at a single stroke: The culprit is hunted down, right up to the tyrannicide, and the maltreated people are freed and released on to the path of democracy.

When it comes to the issue of Iran, debates revolve around a dual axis of war or peace, of dictatorship or democracy. Sanctions, it is implicitly assumed, are akin to peace and democracy. At a minimum, it is said, they constitute a necessary evil in order to put the tyrant in chains, and prevent him from completely unleashing his brutality, both externally and internally.

This is how the motivation for and the functioning of sanctions are portrayed within the dominant discourse. In short, sanctions are civilization’s magic cure against barbarity. Viewed in this light, they fascinate political circles in the West and even parts of the Iranian diaspora. And not seldom, even the most enlightened intellectuals of the Western world are spellbound by the rosy rhetoric of their political leaders, leading many of them to content themselves with simply calling for a targeted and therefore effective application of sanctions to kill the tyrant and free the people.

Thus lifted onto this sacrosanct level, the rejection of sanctions is branded as complicity with the tyrant – a refusal to “tame” him.

Forming a central part of the debate surrounding Iran, the Western public is afforded the dubious luxury of relying on rhetoric rather than reality when assessing sanctions. In the face of that fantastic image of sanctions, a serious discussion about their extent and impact is flagrantly missing. However, if one takes the trouble to take a look behind the glittery façade of the righteous global policeman whose noble aim is to bring the evildoer down on his knees by way of sanctions, the sheer negative image of this very picture cuts the surface.

The imposers’ mindset

“Unprecedented sanctions” against Iran are imposed, it echoes with an unmistakable sense of pride from the capital cities of the Western world. After all, the self-appointed “leaders of the free world” all have acquired a rather dubious specialization in designing and implementing a plethora of various kinds of economic sanctions, deployed to discipline the unruly tyrants of the Global South.

The automatic recourse to sanctions by Western policy-makers (most recently at the start of the Syrian crisis) is not only an expression of their perplexity and their delusional belief that you can meet a complex problem with a supposedly universal magic cure. Such desperate activism à la “Let’s do something” also unites these policy-makers with some Iranians, yet none of them contemplating the consequences of their sanctions policy or advocacy. At the same time, there is a moral superiority on display: After all, sanctions would represent an almost peace-loving antithesis to the crude use of force, they are at the least a means to avert war – but in any case they aim, in a targeted and intelligent fashion, at the Achilles’ heel of the tyrant.

Also, some policy-makers want us to believe that the never-ending tightening of sanctions reflected their paternal patience with which the democracies dealt with the evil opponent, in their noble aim to prevent the mad mullahs rushing to the bomb. These same politicians have all along displayed the apodictic certainty that Iranians would ultimately blame their own government for their economic malaise – in the improbable case this would not happen, the sanctions policy ought to be better “explained” to the Iranians, they insist. What does such a belief structure reveal about our appreciation of Iranians’ cognitive capability to adequately direct the blame for their increasingly desolate economic situation to either the pillages of a kleptocratic regime or the sanctions of the Western imposers?[1]

Crippling economic coercion

The Western-led sanctions regime against Iran, with its now virtually all-out financial and trade embargo, has since its qualitative leap in the course of the so-called nuclear crisis of the past decade, always been by its very design not aimed at a tyrannicide of any kind. On the contrary, as one of its main proponents has stated, “[Iran] must know that the West will work tirelessly to make Iran poor […]”.[2] These sanctions, routinely called “targeted” but now self-assuredly called “crippling”, have long been rather crippling than targeted when it came to their impact upon the Iranian economy. In this respect, the country’s unparalleled isolation from the international financial system has constituted the eye of storm, which wreaked havoc in even the most indubitable civilian sectors of Iran’s economy. The financial exclusion is precisely the reason why purely non-military items, most dramatically a great deal of life-saving medicine, cannot be purchased any longer. And, by the way, mind you that we can witness a stark case of “double-punishment”, namely when it comes to the tens, if not hundreds of thousands of Iranian victims of Saddam’s chemical warfare of the 1980s who are now deprived of vital medicine due to the sanctions imposed by the very same countries who were back then the providers of those chemical weapons. Imagine, for a second, how each of them and their families might feel in the current situation.

The neutral-sounding technocratic term “sanctions” veils its true significance as a means of economic coercion.[3] Does it likewise concern us in the slightest that international law can hardly be reconciled with the economic strangulation of an entire nation?[4] In an age in which illegal wars of aggression, politically and morally disguised as “humanitarian interventions”, or likewise illegal drone attacks camouflaged as intelligent and clean police operations, have almost become the business of the day for Western democracies, warfare by economic means falls under the radar of public awareness. And when noticed sanctions are even thought of as a benign gesture in comparison to the military prowess that can be unleashed upon a country and the people inhabiting it.

The Trojan Horse carrying the “magic box”

But how come that for too long a time many have accepted the deployment of this economic weapon of mass destruction? What further rhetorical tools are used to justify the imposition of crippling sanctions?

To maintain the moral high-ground, at each and every round of ever-tightening sanctions Western leaders hasten to highlight that the measures adopted are not aimed at the people of Iran who, they never fail to add, deserve a better life than under the present regime. This implies that Iranians in turn somehow deserve the Western sanctions being proffered to them by a caring Uncle Sam to alleviate their misery and desperation, and to revitalize their hopes and aspirations. Many, including some Iranians themselves, have long bought into the rhetoric of the sanctions’ imposers that the economic measures will boost the people’s standing against a handicapped tyrant.

Asked what the sanctions entail, both representatives from the imposing countries and the proponents of sanctions promptly provide us with a glance into the “magic box” that is deployed in the fight against tyranny: the notorious human-rights violators, the tyrant’s accomplices, have been identified and placed on an ever-expanding blacklist that prohibits them from travelling abroad and from accessing their international bank accounts; means of repression and control used by the tyrant against dissent are not sold to him anymore (at least not officially by the West). Finally, to paralyze the tyrant’s external aggression, the provision of so-called dual-use items, i.e. items that also have a military purpose, are banned.

Rarely, someone will ask about the real utility and efficacy of such measures in alleviating the repression dissident Iranians are exposed to: What is the use of prohibiting someone to travel beyond the region who nearly never does so? Has the tyrant been so naïve as not to recognize that he can purchase the same instruments of repression from a panoply of willful sellers on a globalized market? Do we care that the vast majority of items banned under the “dual-use” rubric are in fact used for civilian purposes? As in the cases of the “dual-use” items prohibited from getting into Iraq yesterday and into Gaza today, they constitute the most basic goods needed by various sectors of the civilian economy.

If the usefulness of such measures is next to negligible, so is there no point whatsoever to this “magic box”? While all the above-mentioned restrictions may be morally justified, the key point is that its contents reflect only a very tiny percentage of the entire sanctions package that overwhelmingly has nothing to do with those measures enlisted and proudly enunciated.

However, because of the severity of the situation that has come about as a result of these sanctions, for over a year this Trojan Horse argument can no longer be sold with the ease that it used to be. The reason is that Iranians inside and outside the country have themselves felt the scourge of the sanctions on their everyday life, and begun to comprehend that the measures are by no means targeted but indeed crippling.

Nevertheless, respected figures such as the Iranian Nobel Peace Prize laureate Shirin Ebadi (whose tireless commitment for human rights needs to be commended) and some Western-based human-rights organizations (such as Justice For Iran whose executive director is human-rights lawyer Shadi Sadr) keep on feeding the Trojan Horse argument by incessantly calling for “intelligent” and “targeted sanctions against the regime”, thus demanding the senseless and utterly useless growth of that “magic box”. After all, is there any evidence to suggest that such demands have in any way benefited the cause of freedom and democracy in Iran? Or, rather, have they provided a cover of legitimacy for the continuation of the sanctions policy in its entirety? Hardly acknowledged by proponents of “smart sanctions” who succumb to the adventurous illusion of having a say in the design and implementation of sanctions is the larger institutional and political structures in which the latter occurs.[5] After all, in the “sanctions industry” – which includes shady figures from liberal “humanitarian imperialists” to pro-bellum neoconservatives – the potential suffering by Iran’s civil society hardly plays a role.[6] For those cheerleaders of “smart sanctions” both this larger picture as well as the domestic social, economic and political fallouts of sanctions is widely ignored in their analytical and political work. Therefore, one must bitterly admit, some freedom fighters have assumed the role of useful stooges for the economic strangulation of Iranians.

But how may Iranians themselves feel about the “free world’s” noble gesture of emphatical goodwill? Did the honorable cavalry of sanctions ever contemplated how it was for those people “who deserved a better life than under the present regime” to actually live in a country that is under a severe sanctions regime? What it felt like, when the cost of rent and basic food stuffs are constantly on the rise; when the country’s currency has lost half of its value; when the specter of unemployment is boundlessly rising due to an economy virtually cut off from the ever so vital international trade; when international banking transactions, be it for personal or commercial purposes, if possible at all, can only be made at much higher fees via an increasingly limited number of third countries; when every boarding of an aircraft resembles a gamble with your life due to the lack of spare parts; when food supplies from abroad cannot unload their cargo because of lack of insurance; and when the stock of life-saving medication and equipment is rapidly depleting, with the specter of a humanitarian crisis clearly emerging on the horizon. This is only a piece of the gigantic dimensions of their “targeted sanctions against the regime”. Similar reports from Iran are reaching us at an accelerated rate, day by day; they are accompanied by voices of desperation, people for whom in a repressive system the air to breathe becomes even thinner by way of sanctions.

The people as hostage: Economic sanctions and democratization

The sanctions narrative is predicated upon the idea that there is a positive relationship between sanctions and democratization, for the tyrant is tamed and the people empowered.

Furthermore, there is a silent but nevertheless clearly heard hope that seems to unite Western politicians and some exiled Iranians alike: The economic hardship thanks to the sanctions would direct the people’s anger towards the regime and ultimately bring it down in an act of extreme popular resentment. After all, there can be no freedom without sacrifice, echoes the loud heckling from parts of the Iranian diaspora from Los Angeles to London. The price is high but the time has come to pay it, Ramin also invokes on Facebook. Almost spitting, Sara replies, “We are paying the price for our freedom: In case you’ve missed it, the Evin prison is overcrowded!” Seen from the comfortable SUV in California, this concept which exhibits a misanthropic dimension hailing the principle “The greater the suffering, the greater the hope!” may have a certain charm. However, the underlying assumption is that it is acceptable to collectively punish Iranian society for the sake of a greater good – however ill-defined the latter may be.

On the ground, however, there is a connection whose logic we would never dare to doubt within the Western hemisphere: a sustainable and socially just democratic change is dependent not only on the energies of the middle class, but also on the intervention of working people and the poor. It is precisely this middle class, the workers, and the poor that are sanctioned to death in Iran. To put it differently, a person struggling for economic survival barely has the luxury of engaging as a citoyen in the struggle for democracy.

Young Iranians, who form the bulk of the population, suffer most extremely at the hands of economic sanctions.[7] These are the same people whom the West otherwise has chosen as torchbearers of a future democracy in Iran. Instead of assuming such a role, these same people are subjected to collective punishment.

Iran sanctions – A prime showpiece: Widening the power gap between state and society

Taking into consideration the academic findings about the impact of sanctions, the Iranian case can potentially qualify as a prime showpiece: authoritarian regimes driven into a corner usually increase their repression against all kinds of opposition and are also able to shift the costs of sanctions onto the population, as a result of which they can prolong their rule.[8] The sanctions-imposing governments can hardly be unaware that entities connected to the ruling system, such as the Revolutionary Guards’ economic empire, profit from the sanctions. With legal trade virtually illegalized, the civilian economic sectors across the board are damned to head-shakingly observe how black-channel operations run by powerful circles of corruption and nepotism flourish. Hence, as a precise negative image of the above narrative, the regime can even extend its power vis-à-vis civil society as a result of sanctions.[9]

Aware of such fatal consequences, civil-society representatives from inside Iran have consistently opposed sanctions. The West, which is always boasting of its support for the cause of democracy in Iran, has simply preferred to ignore these voices.

Sanctions halting centrifuges: A political fairy-tale

The pronouncement by the German Foreign Minister Guido Westerwelle on the occasion of another round of sanctions reflects the prior concern of the West’s political class: “The point is that we cannot accept that Iran rushes towards the nuclear bomb.” Hardly anyone, however, recalls that since the massive tightening of sanctions in 2006, the number of centrifuges spinning in Iran has more than decupled (by mid-2012), before again doubling (by the end of 2013). In other words, in total inversion of Western political expectations, the escalation of the sanctions was accompanied by an escalation of the nuclear program.[10] It is a fair assumption that in fact the nuclear program has much to do with a sense of uncertainty, for after all the country, literally besieged by enemy troops, was ever since threatened with war in the wake of its revolution – a perception that can hardly be extinguished by way of sanctions.[11]

In addition, sanctions aim to force concessions from Iran. Rather than adopting the Western cost–benefit calculation, that is, giving in when the costs of sanctions become unbearable, Iran’s leaders react with defiance and proclaim their will to “resist” as long as it would take.[12] Sanctions also feed the regime’s propaganda machinery about the malicious West who aims at subjugating the Iranian people.

A very common claim about the success of the sanctions policy gains currency every single time the Western media reports that Iran has agreed to “return” to the negotiating table. Only as result of the ever-tightening sanctions regime, it is suggested, the stubborn Iranians have agreed to engage in negotiations. However, the truth is that Iran has shown more willingness to talk to the other side than vice versa – remember the Bush/Cheney administration’s refusal to talk to so-called “rogue states” precisely at a time when Tehran proved to be key in establishing a post-Taliban order after the U.S. invasion of Afghanistan? Now, with the Hassan Rohani administration the same Iranian foreign-policy school of thought has resurfaced, which is likewise committed to constructive engagement with the West primarily out of strategic conviction and not the sanctions’ weight.[13]

The almost forgotten Iraqi tragedy – or: A favorite tool of Western policy

It appears as if there has never been the Iraqi tragedy – indeed a historical chapter of utter disgrace for Western civilization. First of all, this does not refer to the criminal invasion and occupation of the country in 2003. It was throughout the 1990s that this erstwhile cradle of civilization was already barbarically destroyed. The sanctions imposed by the UN Security Council and pushed for by Washington and London, were soon thereafter condemned as genocidal by one UN humanitarian coordinator (Denis Halliday) to the next (Hans von Sponeck). Nothing less than the social fabric of Iraq was shattered; food supply, the health and education systems all collapsed, as did the infrastructure.[14] While women and children – the most fragile members of society – suffered the most,[15] the tyrant remained firmly in his seat. It was a “different kind of war” waged against Iraq, as Von Sponeck later chronicled in his book.[16]

Even then, it was said that sanctions would intelligently target the Iraqi leadership while sparing the population; even then, it was about the “credibility” of Western policy facing a danger of utmost proportions. “Sanctions will be there until the end of time, or as long as Saddam lasts”, then U.S. President Bill Clinton explained in November 1997. Confronted with the fact that the sanctions had killed half a million Iraqi children, his Secretary of State Madeleine Albright responded with the legendary statement: “I think it’s a very hard choice, but we think that the price is worth it.” The macabre logic to sacrifice countless lives on the altar of Realpolitik finds a certain resonance today, when Western politicians can hardly hide their joy about ever-stricter sanctions on Iran. Having this in mind, the famous Iranian dissident Akbar Ganji apocalyptically asked: “How many children under five years will have to die in Iran, which has three times as many inhabitants as Iraq?”[17]

Conclusion: Crippling sanctions as an act of barbarism

The fact that the concept of “targeted” or “smart” sanctions, which is an inextricable feature of the dominant political discourse, has been adopted unaltered and uncritically by the public discourse in general and many intellectuals in particular is a testimony of our complacency, our unwavering belief in the benign nature of any actions taken by the democratic West. It seems as if we prefer a convenient lie to an inconvenient truth. This self-deception is in fact a necessary act, if we seek to keep wagging the moralizing finger, both domestically and internationally.

Most importantly, what does this tell us about our moral constitution, if we are ready to sacrifice entire societies for our purported Realpolitik interests? Thus, in the righteous fight against tyranny, we hide our very own barbarity. For our sanctions are a brutal assault on an entire country and its more than century-old struggle for democracy and self-determination, whose survival has now become dependent on the drip of our incessant and crippling sanctions regime. Tumor-like the sanctions have infected all areas of Iranian life, acting like a slow poison injected into society.

In a move of Orwellian proportions, the dominant discourse has unhesitatingly turned sanctions into an act of peace. If we unmask that our sanctions discourse is infested by double standards and hypocrisy, the naked truth will be that we are waging an economic war against the people of Iran; that the sanctions are indeed targeted, but rather at the civilian population; and that the sanctions constitute a form of structural violence directed at Iran’s social fabric.

Therefore, two prospects are currently to be feared , if the election of the centrist Hassan Rohani as Iran’s new president will not be seized by the West to bring about détente and the removal of sanctions: either a suffering populace has to battle for sheer survival within a securitized system that will not cease to be cemented through the external threat of force and sanctions alike; or, in the wake of an officially proclaimed policy failure of “targeted sanctions”, the call for “targeted bombs” comes along swiftly, and needless to say, war will bury any prospect for democracy and decent life for decades to come.

So in the end, the entire image of the sanctions as civilization’s magic wand is nothing but an insidious illusion, the sanctions package merely a poisonous mix wrapped in gift paper, the story of a neat and clean tyrannicide nothing but a PR-spun fairy tale. The Iranian experience of the double burden was not long ago expressed by the famous dissident cartoonist Mana Neyestani on the occasion of the imposition of severe unilateral sanctions by the European Union. In that caricature, the EU’s leather shoe steps on the military boots of the regime underneath of which lies the democracy activist crushed into the ground. While the regime only reacts with a meager “ouch”, the now doubly crushed democracy activist yells in direction to the EU: “To hell with your support!”

All in all, the West has put together a narrative with which both itself and the Iranian regime can live; but the people of Iran cannot. We should pose ourselves two honest questions: Does not everybody enjoy the same human and social rights regardless of the political system they live in? And: If sanctions keep tyrants alive, what would happen if they were removed in toto?


[1] See e.g. Younis, Mohamed (2013) “Iranians Feel Bite of Sanctions, Blame U.S., Not Own Leaders,” Gallup, 7 February.

[2] Ottolenghi, Emanuele (2010) “Setting the Sanctions Agenda,” The Journal of International Security Affairs, Washington, DC: The Jewish Institute for National Security Affairs, No. 18 (Spring), pp. 19–30, here p. 26.

[3] See e.g. Carter, Barry E. (2008) “Economic Coercion,” in: Wolfrum, Rüdiger (ed.) Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Oxford University Press, last update by September 2009; online version available via www.mpepil.com.

[4] “No State may use or encourage the use of economic, political or any other type of measures to coerce another State in order to obtain from it the subordination of the exercise of its sovereign rights or to secure from it advantages of any kind.” UN General Assembly, Resolution 2131 (XX), 21 December 1965, para. 2. The resolution was decided without any vote against and with only one abstention. See also Carter, op. cit., Section 7. For a discussion, see Fathollah-Nejad, Ali (2012) “Der internationale Konflikt um Iran und das Völkerrecht: Versuch einer Gesamtdarstellung” [The International Iran Conflict and International Law: Towards a Complete Overview], in: Crome, Erhard (ed.) Die UNO und das Völkerrecht in den internationalen Beziehungen der Gegenwart [The UN and International Law in Contemporary International Relations], Potsdam (Germany): WeltTrends (Potsdamer Textbücher, No. 18), pp. 137–206, here pp. 187–196.

[5] See e.g. Fayazmanesh, Sasan (2003) “The Politics of U.S. Economic Sanctions on Iran,” Review of Radical Political Economics, Vol. 35, No. 3 (Summer), pp. 221–240.

[6] See Fathollah-Nejad, Ali (2010) “Collateral Damage of Iran Sanctions,” The ColdType Reader, No. 46 (May), pp. 56–57.

[7] Salehi-Isfahani, Djavad (2010) “Iran’s Youth, The Unintended Victims of Sanctions,” Dubai Initiative – Policy Brief, Cambridge, MA: The Dubai Initiative, Belfer Center for Science and International Affairs, John F. Kennedy School of Government, Harvard University.

[8] For a good introduction, see Parsi, Trita & Bahrami, Natasha (2012) “Blunt Instrument: Sanctions Don’t Promote Democratic Change,” Boston Review (online), 6 February. See also Fathollah-Nejad, Ali (2013) Nefarious Fallouts of Iran Sanctions: Time for Abandoning Coercive Diplomacy, Asfar: The Middle Eastern Journal (UK), No. 3 (August).

[9] See Fathollah-Nejad, Ali (2013) “Iran’s Civil Society Grappling with a Triangular Dynamic,” in: Aarts, Paul & Cavatorta, Francesco (eds.) Civil Society in Syria and Iran: Activism in Authoritarian Contexts, Boulder, CO & London: Lynne Rienner, pp. 39–68, esp. pp. 52–62 (“Economic Sanctions and State–Society Relations”).

[10] Khajehpour, Bijan & Marashi, Reza & Parsi, Trita (2013) »Never Give In and Never Give Up«: The Impact of Sanctions on Tehran’s Nuclear Calculations, Washington, DC: National Iranian American Council (NIAC), March, pp. 26–28.

[11] See Parsi, Trita (2012) “How Obama Should Talk to Iran,” Washington Post, 14 January.

[12] See International Crisis Group (2013) Spider Web: The Making and Unmaking of Iran Sanctions, Brussels: International Crisis Group (Middle East Report, No. 138, February); Khajehpour & Marashi & Parsi (2013) op. cit.

[13] See e.g. “Rohanis Agenda: Was will der neue iranische Präsident?” [Rohani’s Agenda: What Does the New Iranian President Want?], Ali Fathollah-Nejad interviewed by Regine Naeckel, Hintergrund: Das Nachrichtenmagazin (Germany), No. 4/2013 (Fall 2013), pp. 52–55.

[14] See Gordon, Joy (2010) Invisible War: The United States and the Iraq Sanctions, Cambridge, MA: Harvard University Press.

[15] On women, see Al-Ali, Nadje (2003) “Women, Gender Relations, and Sanctions in Iraq,” in: Inati, Shams C. (ed) Iraq: Its History, People and Politics, Amherst, NY: Humanity Books.

[16] Von Sponeck, Hans-Christof (2006) A Different Kind of War: The UN Sanctions Regime in Iraq, New York: Berghahn Books.

[17] Ganji, Akbar (2011) “Mojâzât-e régime yâ mojâzât-e mardom-e Irân?!” [Penalties for the Regime or the People of Iran?!], Rooz online, 8 December.

[18] See e.g. “The Deal with Iran, and What Comes Next,” Al-Monitor, 24 November 2013.

 

SOURCE

Ali Fathollah-Nejad (2014) “Long Live the Tyrant! The Myth of Benign Sanctions – plus Epilogue on the Geneva Agreement with Iran”, in: Konrad Adenauer Foundation [KAS] (ed.) Iran-Reader 2014, compiled by Oliver Ernst, Sankt Augustin & Berlin (Germany): KAS, pp. 81–96.

Ali Fathollah-Nejad (2013) “Long Live the Tyrant! The Myth of Benign Sanctions“, New Politics (New York), Vol. 14, No. 3 (Summer), pp. 17–24.

 

INFO

The text is a slightly updated version of the same essay that appeared in New Politics (New York), Vol. 14, No. 3 (Summer 2013). A shorter version of this article (that has initially been drafted in late 2011) has been published in the leading intellectual outlet of the German-speaking world, in the “Feuilleton” pages of the Frankfurter Allgemeine Zeitung on 3 January 2013. It was published in an Arabic translation on Jadaliyya (Washington, DC & Beirut: Arab Studies Institute) on 15 February 2013.

A version of the epilogue was first published as “The Geneva Accords and the Return of the »Defensive Realists«,” LobeLog (U.S. foreign affairs blog of the international news wire service Inter Press Service), 5 December 2013. A German version was published as “Das Genfer Abkommen mit Iran: Eine Folge der Sanktionspolitik?” [The Geneva Agreement with Iran: A Result of the Sanctions Policy?], inamo: Berichte und Analysen zu Politik und Gesellschaft des Nahen und Mittleren Ostens, Berlin: Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten (inamo), Vol. 19, No. 76 (Winter), p. 3.

 

CITED IN

Oliver Ernst (2014) “Iranisches Exil und Reformbewegung im Iran: Divergenzen und gemeinsame Transformationsperspektiven“, Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), Vol. 64, No. 42/2014 (13 October), Bonn (Germany): The Federal Agency for Civic Education (Bundeszentrale für politische Bildung, bpb), pp. 36-41.

The Geneva Accords and the Return of the “Defensive Realists”

After intense negotiations between Iran and world powers (chiefly among them the United States), November 24 saw a historic breakthrough. In a six-month interim agreement, Tehran has committed itself to a substantial freezing of its nuclear program in return for “modest relief” — according to US President Barack Obama — in sanctions. The agreement will be a first step towards achieving a comprehensive solution, with which the peaceful nature of Iran’s nuclear program will be ensured while all sanctions against the country would be lifted. There has been much speculation over the degree in which the decade-long transatlantic Iran strategy of coercive diplomacy was responsible for reaching this diplomatic victory. Was it the permanent threats of war or the increasingly crippling sanctions which, in the eyes of many Western observers, led Iran to “give in”? Arguably, it rather was a shift away from that policy of threats and pressure, and towards serious diplomacy aiming at a reconciliation of interests (especially during the month of November), which rendered the deal possible. But yes, without any doubt the sanctions did have an impact. The sanctions have severely deepened Iran’s economic malaise, considerably harmed a variety of social groups, while part of the power elite quite comfortably adjusted to the situation. Consequently, the power gap separating the state and (civil) society was even boosted. Yet, the immense damage that sanctions have done to society does not bear much relevance for policy-makers. However, what has gone largely unnoticed by supporters of the sanctions policy is the realpolitik fact that, contrary to its stated goal, the escalation of sanctions was accompanied by an escalation in Iran’s nuclear program. When Obama entered the White House, there were not even 1,000 centrifuges spinning in Iran; today, the figure stands at almost 19,000. The reason for this is that the West views sanctions through a cost-benefit lens, according to which it can only be a matter of time until the sanctioned party will give in. In contrast, Tehran sees sanctions as an illegitimate form of coercion, which ought to be resisted, for the alternative would be nothing less than capitulation. Nonetheless, many commentators sardonically insist on praising the sanctions’ alleged effectiveness for aiding diplomacy. This is not only a sign of analytical myopia, but also constitutes the not-so-covert attempt to shed a positive light on the coercive diplomacy that was pursued so far. In reality, Iran’s willingness to offer concessions is rooted within a wider context. Firstly, Iran already demonstrated its readiness to compromise over the last three years, which the Obama administration did not dare to accept due to domestic political pressures (i.e., his re-election). Secondly, and this is likely to have been crucial in achieving the agreement in Geneva, Iran’s current foreign policy is primarily not a result of pressure through sanctions. Instead, it is embedded within a specific foreign-policy school of thought which is characterized by realism and a policy of détente. Notably, with Hassan Rouhani’s election, the “defensive realist” school of thought reasserted power, which had previously been ascendant during Akbar Hashemi Rafsanjani’s and Mohammad Khatami’s administrations. Their prime objective was a policy of détente and rapprochement, especially with the West, but also with neighboring Arab states — specifically, Iran’s geopolitical adversary, Saudi Arabia. In contrast to the “offensive realists” who took the lead under the Ahmadinejad administration, “defensive realists” do not view foreign policy as a zero-sum game but instead as an arena where win-win situations ought to be explored – especially with the United States. Another pivotal difference between these schools of thought is their estimation of US power. While “offensive realists” see the superpower’s power-projection capabilities rapidly declining, the “defensive” camp rightly acknowledges that even a US in relative decline can inflict substantial damage on weaker countries like Iran. The historically unprecedented Iran sanctions regime is a prime illustration of the veracity of the latter view. Ultimately, the nuclear agreement in its core has to be seen as a U.S.-Iranian one, which expresses the will of both sides to secure their interests in a rapidly changing regional landscape. To what extent this will affect Washington’s traditional regional allies in Tel Aviv and Riyadh will be highly interesting to watch

SOURCE

Ali Fathollah-Nejad (2013) “The Geneva Agreement with Iran: A Result of the Sanctions Policy?“, Fair Observer, 04/12; ▪ republished on Global Research, Montreal: Centre for Research on Globalization, 09/12;  ▪ published (slightly edited) as The Geneva Accords and the Return of the »Defensive Realists«, LobeLog (U.S. foreign affairs blog of the international news wire service Inter Press Service), 05/12; ▪ republished on Payvand Iran News, 06/12.

GERMAN VERSION:

Ali Fathollah-Nejad (2013) “Iran-Sanktionen: Wie gut zielt der Westen?” [Iran Sanctions: How Well Does the West Target?], Telepolis, 12/11 ▪ republished as Der lange Schatten der Iran-SanktionenThe Huffington Post Deutschland, 20/11.

 

Rohanis Agenda [Hintergrund]

 

Lesen Sie das Interview hier [pdf].

 

QUELLE

Regine Naeckel (2013) “Rohanis Agenda: Was will der neue iranische Präsident? [Rohani’s Agenda: What Does the New Iranian President Want?]”, Interview mit Ali Fathollah-Nejad, Hintergrund: Das Nachrichtenmagazin, Nr. 4/2013, S. 52–55.

 

INFORMATION IN ENGLISH

This is a long interview (in German) with Ali Fathollah-Nejad on the new Iranian administration’s foreign-policy agenda in which he discusses the various dominant Iranian foreign-policy schools of thought. It has been published in the German news magazine Hintergrund.

West, Iran Grapple with Domestic Deal Breakers // Ende von Iran-Sanktionen in Sicht? [DW]

 

West, Iran Grapple with Domestic Deal Breakers

Current talks represent the best chance in years for the West and Iran to reach an agreement on Tehran’s nuclear program. But political hurdles at home remain for all the parties at the negotiating table.

“Over the last 10 years, signs of a rapprochement have not been better,” said Ali Fathollah-Nejad of the School of Oriental and African Studies in London. Ahead of talks between Iran and the so-called 5+1, the veto-wielding nations of the UN Security Council plus Germany, Tehran sent positive signals to the international community. It showed that Iranian President Hassan Rouhani wanted a solution to the issue as quickly as possible.

“There has also been a shift in thinking on the Western side,” Fathollah-Nejad told DW. “It’s ready to recognize Iran’s right to a nuclear program.”

While Iran sees enriching uranium on its own as a key step towards energy independence, the West sees it as an indicator that the nuclear program does not serve purely civilian purposes.

The right to use nuclear power for civilian purposes and the lifting of sanctions against Iran were the two demands formulated by Tehran ahead of the talks in Geneva. In exchange, Iran could offer transparency and trust-building measures as a form of guarantee that its nuclear program is not being used for military purposes. A suggestion along these lines was made by Hossein Mousavian, former head of the Iranian nuclear negotiation delegation, in an article in the German daily “Frankfurter Allgemeine Zeitung.”

A difficult balancing act

From the Western point of view, it is time for Iran to make its next move. The talks in Geneva represent the first test of whether action will follow the positive signals from Tehran in recent weeks. Iranian Foreign Minister Mohammad Javad Zarif presented a three-point plan to settle the dispute. Parties to the negotiations did not comment in detail on Zarif’s plan. Observers in Iran have said Tehran appears to be working toward an agreement within one year with the first stage, likely to include lifting at least some sanctions, to occur within two months.

Pressure to find a quick solution to the Iranian nuclear issue, which has been controversial for years, could come from domestic concerns in Iran. Supreme Leader Ayatollah Ali Khameneiis said to have called for the lifting of sanctions within six months.

“When the results of negotiations are presented, Rouhani will have to show some kind of success,” Steffen Meier of the German Institute for International Security Affairs told DW. “That is going to be a difficult balancing act.”

“I think the deciding factor will be the offers the West makes now – and sanctions will certainly play a role,” said Jens Peter Steffen of International Physicians for the Prevention of Nuclear War.

What will the West offer?

The West should offer to ease sanctions as a means of supporting Rouhani, Fathollah-Nejad said. But such a stance could be difficult for the West for two reasons.

First, US President Barack Obama would need the support of the Republican-led House of Representatives to lift economic sanctions against Iran. “[The Republicans] do not necessarily share Obama’s position that the negotiating process can be supported by easing sanctions,” Meier said.

Second, China and Russia, both of which hold veto power at the UN Security Council, benefit from the sanctions and may not see an interest in quickly lifting them, Fathollah-Nejad said.

As Iran’s second-largest trading partner, thanks in part to sanctions preventing other nations from trading with Tehran. For its part, Russia fears that if sanctions were lifted, Iran could become an energy supplier to the lucrative European gas and oil markets Moscow currently claims as its own. But getting Iranian gas and oil to Europe would be a difficult undertaking, according to Fathollah-Nejad. “Iranian oil production is throttled mainly because of a lack in major investments,” he said. “The West’s involvement in increasing oil production would be absolutely necessary.”

A web of sanctions

Before the West can invest in Iran, however, the economic – as well as banking and financial – sanctions would have to be lifted. It is, however, not possible to lift sanctions virtually overnight.

“We have an interwoven regime of sanctions that includes many different types of sanctions put in place by the United States as well as the European Union and the UN Security Council,” said Meier. “In this meshwork, taking steps that will have an effect on the Iranian economy is more difficult than one would think.”

On the other hand, any gradual easing of sanctions in return for Iranian cooperation, for, say, just the oil industry, or for the trading of precious metals, would have limited immediate effect on the creaking Iranian economy.

SOURCE
Wulf Wilde (2013) “West, Iran Grapple with Domestic Deal Breakers“, Deutsche Welle, 16 October 2013 ▪ republished on Haberler.com (Turkey).
[GERMAN (original)] Wulf Wilde (2013) “Atomkonflikt: Ende von Iran-Sanktionen in Sicht?“, Deutsche Welle, 16. Oktober.
[SPANISH] Wulf Wilde (2013) “¿Qúe intereses afecta un eventual fin de las sanciones contra Irán?“, Deutsche Welle Español, 16 octubre.
[INDONESIAN] Wulf Wilde (2013) “Harapan Berakhirnya Sanksi atas Iran?“, Deutsche Welle, 16 October.
[CHINESE] Free i News, 16 October 2013.
[ALBANIAN] Wulf Wilde & Amarildo Topi (2013), “Shanse të mira për një marrëveshje mes Iranit dhe Perëndimit, Deutsche Welle, 18 October.
[ALBANIAN] “Bisedimet me Iranin, atmosfera më e mirë në 10 vjet“, Top Channel TV (Tirana, Albania), 18 October 2013.

 

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Ende von Iran-Sanktionen in Sicht?

Die Chancen für eine Lösung im Streit um das iranische Atomprogramm stehen so gut wie lange nicht mehr. Doch nicht alle Verhandlungspartner haben ein wirkliches Interesse an der Aufhebung der Sanktionen.

“Die Zeichen für eine Annäherung waren nie besser in den vergangenen zehn Jahren”, meint Ali Fathollah-Nejad von der School of Oriental and African Studies in London. Der Iran habe vor den Gesprächen mit der sogenannten 5+1-Gruppe aus den UN-Vetomächten und Deutschland deutlich positive Signale gesendet. Diese ließen darauf schließen, dass die iranische Regierung unter dem neuen Präsidenten Hassan Rohani das Problem so schnell wie möglich lösen möchte. “Zudem hat auf der westlichen Seite ein Umdenken stattgefunden. Man ist nun zumindest bereit, das Recht des Iran auf ein Atomprogramm anzuerkennen”, sagt Fathollah-Nejad im Gespräch mit der DW.

Der Westen beobachtet vor allem die Anreichung von Uran in iranischen Atomanlagen mit Misstrauen. Für den Iran ist die Uranreichung jedoch wesentlicher Bestandteil einer unabhängigen Energieversorgung. Folglich formulierte Teheran im Vorfeld der Gespräche das umfassende Recht auf die friedliche Nutzung der Atomenergie. Auch die Aufhebung der Sanktionen ist eine iranische Forderung. Im Gegenzug könnte der Iran Transparenz und vertrauensbildende Maßnahmen anbieten – als eine Art Garantie, dass sein Atomprogramm nie zu militärischen Zwecken genutzt wird. Diesen Vorschlag machte kürzlich Hossein Mousavian, früherer Sprecher der iranischen Verhandlungsdelegation, gegenüber der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”.

Schwieriger Balanceakt

Aus Sicht der westlichen Staatengemeinschaft ist aber zunächst der Iran am Zug. Die Gespräche in Genf gelten als erster Test, ob den positiven Signalen der vergangenen Wochen auch konkrete Taten folgen. Am ersten Verhandlungstag in Genf überraschte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif mit einem dreistufigen Zeitplan für eine Beilegung der Krise. Über den genauen Inhalt des Plans war von den Verhandlungsteilnehmern nichts zu erfahren. Aus iranischen Kreisen hieß es, Teheran strebe eine Einigung innerhalb eines Jahres an, wobei eine erste Etappe in ein bis zwei Monaten erreicht werden solle.

Ein ehrgeiziges Ziel, doch Präsident Rohani steht innenpolitisch unter Druck, schnell Ergebnisse zu präsentieren, die zur Aufhebung der Sanktionen führen. Der geistliche Führer Ajatollah Ali Chamenei soll Rohani dafür ein halbes Jahr Zeit gegeben haben. “Rohani muss, wenn er die Verhandlungsergebnisse in Teheran präsentiert, Erfolge vorweisen. Das ist ein schwieriger Balanceakt”, sagt Oliver Meier von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin im Gespräch mit der DW.

Kampf um Absatzmärkte

“Ich halte es für entscheidend, welche Angebote der Westen jetzt macht, und da werden die Sanktionen sicherlich eine wichtige Rolle spielen”, meint Jens Peter Steffen von der Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges. Um Rohanis Kurs zu unterstützen, müsse der Westen im Gegenzug für Irans Entgegenkommen eine Lockerung der Sanktionen anbieten, glaubt auch Fathollah-Nejad. Genau das könnte jedoch aus zweierlei Gründen schwierig werden.

Erstens: Die US-amerikanische Regierung von Präsident Barack Obama ist für eine Lockerung der Sanktionen auf die Zustimmung des republikanisch dominierten Repräsentantenhauses angewiesen. “Dieser teilt nicht unbedingt die Position Obamas, dass man über Sanktionslockerungen den Verhandlungsprozess vorantreiben kann”, so Meier. Zweitens: Die beiden UN-Sicherheitsratsmitglieder Russland und China seien als Nutznießer der Sanktionen zudem nicht unbedingt an einer schnellen Annäherung zwischen dem Westen und dem Iran interessiert, so Fathollah-Nejad.

Krise der Ölproduktion

China ist der zweitgrößte Handelspartner des Iran – begünstigt durch die Sanktionen. Und auch Russland hat Fathollah-Nejad zufolge ein Interesse, Irans Rolle auf dem Energiemarkt klein zu halten: Moskau fürchte, dass langfristig seine Stellung als Hauptenergielieferant Europas geschwächt werden könne, wenn der Iran nach Aufhebung der Sanktionen wieder als Wettbewerber auf dem Gas- und Erdölmarkt mitmischen kann. Der Weg zurück auf den Weltmarkt dürfte für den Iran jedoch schwierig werden. “Die iranische Ölproduktion etwa ist sehr stark gedrosselt worden, in erster Linie, weil große Investitionen fehlen”, sagt Fathollah-Nejad. “Für eine Steigerung der Ölproduktion wäre eine Involvierung des Westens unabdingbar.”

Dazu müssten nicht nur Wirtschaftsbeziehungen neu geknüpft werden, sondern in erster Linie auch die Bank- und Finanzsanktionen gelockert werden, die im Iran zu einer schweren wirtschaftlichen Krise geführt haben. Das zeigt: Mit einer schrittweisen Lockerung der Sanktionen in bestimmten Bereichen allein – etwa für die Gas- und Erdölindustrie und den Handel mit Edelmetallen – sind positive Effekte für die iranische Wirtschaft wohl nur schwierig zu erreichen.

“Wir haben mittlerweile ein miteinander verwobenes Sanktionsregime, das ganz verschiedene Arten von Sanktionen umfasst, sowohl von Seiten der USA aber auch durch die Europäische Union und den UN-Sicherheitsrat”, erläutert Meier die Problematik. “In diesem Geflecht Schritte zu unternehmen, die auf iranischer Seite zu einem wirtschaftlichen Effekt führen, ist schwieriger, als man vermutet.”

 

QUELLE

Wulf Wilde (2013) “Atomkonflikt: Ende von Iran-Sanktionen in Sicht?“, Deutsche Welle, 16. Oktober.

Der Sinn und Unsinn von Sanktionen

Seit Monaten versucht der Westen, den Iran durch Sanktionen zu mehr Transparenz beim Atomprogramm zu zwingen. Der Erfolg blieb bisher aus. Kritiker fordern daher ein Ende der Sanktionspolitik.

Welchen Zweck verfolgt das iranische Atomprogramm? Diese Frage treibt die internationale Gemeinschaft seit Jahren um. Strebt der Gottesstaat nach Atomwaffen? Oder soll man den Beteuerungen der iranischen Regierung glauben, dass es ausschließlich um die zivile Nutzung der Atomenergie geht? Niemand im Westen kann die Frage sicher beantworten. Seit die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) 2006 Zweifel an der ausschließlich zivilen Nutzung des iranischen Atomprogramms im UN-Sicherheitsrat angemeldet hat, will die internationale Gemeinschaft eine Antwort erzwingen. Das Mittel der Wahl: Sanktionen.
Hartes Sanktionsregime
In mehreren Beschlüssen der Europäischen Union und in Abstimmung mit den USA wurden die Sanktionen 2012 erheblich verschärft. Die Bundesrepublik Deutschland verfolgt bei ihrer Sanktionspolitik wie die EU und die USA einen “doppelten Ansatz”, den das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite wie folgt erläutert: “Einerseits wird Iran eine umfassende Kooperation angeboten, für den Fall, dass er in der Frage seines Nuklearprogramms mit der Weltgemeinschaft kooperiert. Andererseits sollen Sanktionen den Iran zum Einlenken in der Nuklearfrage bewegen, solange er nicht kooperiert.” Die 2012 beschlossenen Sanktionen sind wesentlich drastischer und umfassender als alle vorherigen. Sie betreffen den Finanzbereich, schließen ein Öl- und Erdgasembargo mit ein, sowie lange Listen wichtiger iranischer Persönlichkeiten, Unternehmen und Institutionen, deren Bewegungsfreiheit international eingeschränkt wird. Die Bundesregierung betont immer wieder, dass sich die Maßnahmen nicht gegen die iranische Zivilbevölkerung richten. Tatsächlich hat sich die Wirtschaftslage im Iran in den letzten Monaten dramatisch verschärft. Die Inflation steigt rasant, die Landeswährung, der Rial, hat 30 Prozent seines Werts eingebüßt, Lebensmittel wie Hühner- und Rindfleisch sind für die meisten Menschen unerschwinglich geworden. Regelmäßig kommt es bei lebensnotwendigen Medikamenten zu Engpässen. “Die ganze Bevölkerung leidet unter den Sanktionen.” Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Dubai Initiative, ein Gemeinschaftsprojekt der Dubai School of Government (DSG) und der Harvard Kennedy School (HKS).
Kein Einlenken in Sicht
Trotz der Sanktionen hat der Iran bis heute keinerlei Zugeständnisse gemacht. Die jüngsten Atomgespräche im Frühjahr 2013 sind, wie alle Atomgespräche zuvor, ergebnislos geblieben. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder (CDU), war im Vorfeld noch vom Erfolg der Sanktionen überzeugt und sagte im Deutschlandfunk: Der Westen hätte viel früher strenger auftreten müssen. Das Gegenteil ist der Fall, sagen Kritiker. Der deutsch-iranische Politologe Ali Fathollah-Nejad ist der Ansicht, dass Sanktionen eine Lösung des Konflikts behindert haben, da sie die Fronten verhärteten, “denn der Machtvorsprung des Regimes gegenüber der Zivilgesellschaft wächst”. Die Sanktionen träfen die Mittelschicht, die das Rückgrat des inländischen Widerstands gegen die Regierung bildet, viel härter als die herrschende Clique. In der Folge würde das Regime an Macht gewinnen und die Opposition an Einfluss verlieren. Nicht zuletzt ist Fathollah-Nejad überzeugt, dass der Westen und der Iran verschiedene Perspektiven haben. “Der Westen denkt entlang von Kosten-Nutzen-Kalkulationen. Die Iraner sehen Sanktionen demgegenüber als illegitimes Druckmittel, gegen das man Widerstand leisten muss.” Während der Westen also davon ausgeht, dass es einen Punkt gibt, an dem der Iran einknickt, erhöht der Druck tatsächlich die Widerstandsfähigkeit des Iran.
Das Problem der gezielten Sanktionen
Sanktionen erfüllen aber nicht nur nicht ihren Zweck, sondern treffen nach Ansicht vieler Kritiker die Falschen. Die Bevölkerung hat es doppelt schwer, denn sie leidet unter dem Regime und den Sanktionen. Ein Beispiel dafür ist der Irak. In den neunziger Jahren verursachten die Sanktionen gegen das Land eine humanitäre Katastrophe, ohne die Machthaber zu Fall zu bringen. In der Folge haben eine Vielzahl von Experten Konzepte für sogenannte “kluge” oder “gezielte” Sanktionen vorgelegt. Ziel dieser Konzepte war es, Sanktionen als ein wichtiges Zwangsmittel zur Sicherung des Friedens, die in der UN-Charta (Kapitel 7, Artikel 41) vorgesehen sind, zu erhalten. Ungezielte Sanktionen, die ganze Bevölkerungen ins Elend stürzten, sind nämlich nur schwer mit dem Völkerrecht vereinbar und sollten der Vergangenheit angehören. Im Falle des Iran, wo weitgehende Wirtschaftssanktionen jetzt wieder vor allem das Volk treffen, kann man aber kaum von gezielten Sanktionen sprechen. “Im Fall von Iran muss man davon ausgehen, dass die momentanen Sanktionen nicht mit dem Völkerrecht zu vereinbaren sind, weil sie de facto das soziale Gefüge ins Visier nehmen”, sagt Fathollah-Nejad. Lösungsansätze verzweifelt gesucht Wie könnte ein Ausweg aussehen, der beiden Seiten eine akzeptable Lösung böte? Das konservative Internationale Institut für Sicherheitsstudien (INSS) der Universität Tel Aviv kommt in seiner jüngsten Studie zu dem Ergebnis, dass die Sanktionen gegen den Iran noch nicht schmerzhaft genug seien. Da der Iran immer noch nicht eingelenkt habe, sei eine Erhöhung des Drucks die logische Konsequenz. Niema Movassat, der für die Partei Die Linke im Bundestag sitzt, hat sich mehrfach zu den Sanktionen gegen den Iran geäußert. “Ich lehne die Sanktionen gegen den Iran ab!” Er fordert ein grundsätzliches Umdenken: “Meiner Ansicht nach müsste der Westen den ersten Schritt gehen.” Das bedeutet: Ein Ende der Sanktionen sowie Sicherheitsgarantien für alle Staaten in der Region. Längerfristig müssen die Doppelstandards bei der Nutzung der Atomenergie unbedingt beendet werden. Zum Beispiel müssten Pakistan und Israel, die beide anders als der Iran dem Atomwaffensperrvertrag nie beigetreten sind, aber im Gegensatz zum Iran Atomwaffen besitzen, nuklear abrüsten. “Wir müssen auch den Iran trotz seines menschenverachtenden Regimes endlich nach internationalem Recht behandeln.” Wenn dies geschähe, stiegen auch die Chancen auf einen innenpolitischen Wandel im Iran selbst.

 

SOURCE

IN ENGLISH This is an article by “DW (Deutsche Welle)”, the international German media outlet, for which Ali Fathollah-Nejad has been interviewed on the issue of Iran sanctions, namely on the political (conflict resolution), socio-economic and legal dimensions.

Sanktionen: Mit Risiken und Nebenwirkungen – gestern im Irak und heute in Iran

 

Abendveranstaltung, 28. Februar 2013, Governance Center Middle East | North Africa, Humboldt–Viadrina School of Governance, Berlin

Governance-Gespräche des Governance Center Middle East | North Africa

Sanktionen – Mit Risiken und Nebenwirkungen: Dynamiken und Auswirkungen der Embargos im Iran und im Irak

Begrüßung durch:

Vorträge und Diskussion mit:

  • Dr. h.c. Hans-Christof Graf von Sponeck ist ein deutscher UN-Diplomat. Er ist Autor politischer Sachbücher, so z.B. von Ein anderer Krieg: Das Sanktionsregime der UNO im Irak (Hamburg: Hamburger Edition, 2005). Er lehrt gegenwärtig an der Universität Marburg und am United Nations System Staff College in Turin. Von 1968 bis 2000 war er an verschiedenen Einsatzorten für die Vereinten Nationen tätig, zuletzt in Bagdad (Irak) als UN-Koordinator für Humanitäre Hilfe im Irak. Im Februar 2000 reichte er seinen Rücktritt aus Protest gegen die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrates ein, die er verantwortlich für das Sterben von mehreren hunderttausend irakischen Kindern sah.
  • Ali Fathollah-Nejad, 1981 in Iran geboren, ist ein deutsch-iranischer Politologe. Er studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Rechtswissenschaft an der Universität Münster, der Sciences-Po Lille und der University of Twente. Zurzeit promoviert er an der School of Oriental and African Studies (SOAS) der University of London über den Einfluss globaler Machtverschiebungen auf Irans internationale Beziehungen. Fathollah-Nejad ist Autor der Studie Der Iran-Konflikt und die Obama-Regierung (Universitätsverlag Potsdam, 2010 & 2011). Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit den Auswirkungen der Iran-Politik und des Sanktionsregimes auf Entwicklungs-, Demokratie- und Friedensaussichten.
  • Matthias Jochheim ist Vorsitzender der deutschen Sektion der IPPNW. Er war im November 2012 im Rahmen einer internationalen Ärztedelegation in Iran und hat dort u.a. das Labbafinejad-Krankenhaus in Teheran, das Opfer des irakischen Chemiewaffeneinsatzes während des achtjährigen Krieges gegen Iran behandelt, besucht und sich über die Folgen der Sanktionen informiert.

Veranstalter:

IPPNW Deutschland (Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.) & Governance Center Middle East | North Africa, Humboldt–Viadrina School of Governance.

Photos von der Abendveranstaltung

Photos von der Pressekonferenz am Vormittag

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Pressemitteilung der IPPNW Deutschland vom 28.2.2013:

Sanktionen sind ein langsames Gift, keine Medizin: Nach den Verhandlungen über iranisches Atomprogramm

Auszug: “„Sanktionen sind weder in politischer noch in gesellschaftlicher Hinsicht eine Heilung versprechende Medizin, sondern eher ein langsames Gift. Die laut US-Präsident Obama härtesten Sanktionen, die je in der Geschichte auferlegt wurden, treffen die einfachen Menschen in Iran und nicht etwa das Regime. Die Zivilbevölkerung leidet massiv unter den Folgen, der Humus der Zivilgesellschaft wird langsam aber sicher ausgetrocknet. Somit wächst der Machtvorsprung des Staates gegenüber zivilgesellschaftlicher Widerstandskraft“, kritisiert der deutsch-iranische Politologe Ali Fathollah-Nejad. Wie auch zunehmend in den USA zugegeben werde, sei diese Druck- und Drohpolitik gegen Iran gescheitert.”

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Medienecho (Auszug)

 

INFO IN ENGLISH

This is a collection of information surrounding the panel discussion on “Sanctions – With Risks and Side Effects: Dynamics and Effects of the Embargoes in Iran and Iraq” with Ali Fathollah-Nejad & Dr.h.c. Hans von Sponeck (fmr. UN Assistant Secretary-General & UN Humanitarian Coordinator for Iraq), chaired by Prof. Udo Steinbach (Director, Governance Center Middle East | North Africa, Humboldt–Viadrina School of Governance, Berlin), organized by IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) Germany & the Governance Center Middle East | North Africa, Humboldt–Viadrina School of Governance. The event took place on 28 February in Berlin.

Zeit für Diplomatie

 

Nach fast einem Jahrzehnt hat der so genannte Iran-Konflikt – genauer: der internationale Konflikt rund um Iran – einen besorgniserregenden Höhepunkt erreicht. Sogar bis dato kühle Beobachter und Fachleute im Westen nehmen die Gefahr eines Krieges gegen Iran sehr ernst. Die aktuelle Brisanz ist das Resultat eines explosiven Gemisches: Die Arabischen Revolten, Israels Stellung, Veränderungen im regionalen und globalen Machtgefüge sowie nationale Wahlkämpfe.

Dass der Konflikt nunmehr an den Rand des Krieges angelangt ist, darf aber kaum Verwunderung hervorrufen. Von Anfang an nämlich bestand die westliche Strategie darin, Iran so sehr unter Druck zu setzen, dass dieser im Sinne westlicher Interessen Zugeständnisse macht – bei regionalen Fragen sowie beim Atomprogramm. Diese »Zwangsdiplomatie« war nicht etwa auf einen für eine Konfliktlösung unabdingbaren Interessenausgleich gemünzt (obgleich dafür die Rahmenbedingungen vielsprechend waren und sind), sondern zielte auf eine de facto Kapitulation Irans hin. Zu keinem Zeitpunkt also wurde tatsächlich Diplomatie, vor allem zwischen den USA und Iran, versucht – ein langwieriger Prozess also, der auf die Interessen der Kontrahenten eingeht. Damals wie heute krankt die westliche Politik im Kern daran, das iranische Sicherheitsinteresse einfach ignoriert zu haben.

Im Zentrum der jetzigen Auseinandersetzung steht der westliche Wunsch nach einem nicht atomar bewaffneten Iran gegenüber dem iranischen Sicherheitsdefizit, von feindlichen Truppen umzingelt zu sein. Im größeren Rahmen geht es um eine Interessenauseinandersetzung in der geopolitischen Arena Westasiens: Die Beibehaltung westlicher Hegemonie versus Iran als regionale Großmacht.

Im Gegensatz zum Krieg gegen den Irak kommt heute der Kriegsdruck gegen Iran nicht von der amerikanischen, sondern der israelischen Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu. Zwar wird zu innen- und außenpolitischen Zwecken die »existentielle iranische Gefahr« für Israel (und sogar für die USA beziehungsweise den Westen) an die Wand gemalt. Doch im Kern fürchtet Tel Aviv den Verlust seines Atomwaffenmonopols in der Region, was durch die Fortsetzung des iranischen Atomprogramms und der Erlangung einer latenten Atomwaffenfähigkeit zustande kommen würde.

Seit 20 Jahren warnen israelische und amerikanische Politiker vor einer in Kürze zu erwartenden »iranischen Bombe«

Die zur Mobilisierung politischen Drucks auf Teheran heraufbeschworene »iranische Gefahr« in Form einer Atombewaffnung ist nicht gegeben. Seit 20 Jahren warnen israelische und amerikanische Politiker vor einer in Kürze zu erwartenden »iranischen Bombe«. Wie aber Militär und Geheimdienste der USA sachkundig festhalten, hat die iranische Führung keine Entscheidung für eine Atombewaffnung getroffen und die Militärdoktrin des Landes ist nicht offensiv, sondern defensiv ausgerichtet.

Oft unterschlagen wird die Tatsache, dass Iran als atomwaffenfähiges Land, durch die Nuklearisierung seiner geopolitisch schwächeren Nachbarn – vor allem jene auf der arabischen Halbinsel – seine natürliche, geografisch bedingte Machtposition in Westasien dramatischeinbüßen würde. Somit erwiese sich mittel- und langfristig eine Atombewaffnung als ein Bärendienst gegenüber den großstrategischen Interessen des Landes – der Grund weswegen die iranische Elite trotz der prekären Sicherheitslage des Landes sich bislang davor gehütet hat, die Entscheidung zugunsten einer Atombewaffnung zu fällen.

Die Truppen für einen Angriff sind vor den Gewässern Irans in Stellung gebracht. Vom Persischen Golf bis zur Insel Diego Garcia im westlichen Indischen Ozean sind Streitkräfte aus den USA, Israel (atomar gerüstete U-Boote deutscher Herstellung), Frankreich und Großbritannien stationiert.

In Syrien, Irans wichtigster Partner in der Region, spielen sich zwei Abläufe parallel ab: Einerseits der genuine Protest gegen die Assad-Diktatur, der in einen Bürgerkrieg zu münden droht. Andererseits versuchen eine Reihe von Akteuren, allen voran die von Saudi-Arabien angeführte Arabische Liga, durch die Unterstützung radikalislamistischer Gruppen einen Regimewechsel in Damaskus hervorzubringen, um der Regionalmacht Teherans einen wichtigen Schlag zu versetzen.

Unterm Strich ergibt sich also eine paradoxe Situation: Assads Fall würde den kontrarevolutionären Kräften in der Region einen Machtzuwachs bescheren, zugleich aber ein wichtiges Hindernis für einen Krieg gegen Iran beiseite schieben.

Von der internen Sicherheitsdebatte in Israel wird vieles abhängen

Die »roten Linien«, für deren Überschreitung die USA und Israel den Einsatz militärischer Mittel vorgesehen haben, divergieren maßgeblich. Während Präsident Barack Obama einen atomar bewaffneten Iran als »unakzeptabel« benannte, besteht diese für Israels Regierung in der bloßen Fähigkeit Irans eine Atomwaffe herstellen zu können. Bevor Iran sich damit in eine »Immunitätszone« – ein von Verteidigungsminister Ehud Barak geprägter Begriff – flüchten kann, also wenn das atomare Projekt Irans nicht mehr »zurückgebombt« werden kann, müsse Israel zuschlagen. Wann genau dies eintritt, bleibt Gegenstand intensiver innerisraelischer Sicherheitsdebatten. Es wird berichtet, dass die Entscheidung über einen Militärschlag im laufenden Jahr 2012 zu fällen sein wird. Das israelische Militär hat bereits massive Kriegsvorbereitungen getroffen.

Von der Sicherheitsdebatte in Israel wird letzten Endes vieles abhängen. Dabei stehen sich Kriegsbefürworter an der Spitze der Regierung, nämlich Premierminister Netanjahu und Verteidigungsminister Barak, skeptischen Zirkeln in der obersten Hierarchie des Militär- und Sicherheitsapparats, darunter drei ehemalige Mossad-Chefs und der ehemalige Armeechef Dan Halutz, gegenüber. Letztere warnen vor den erfolglosen, gar kontraproduktiven Folgen eines Angriffs hinsichtlich des Ausschaltens des atomaren Projekts Irans, vor Vergeltungsschlägen gegen Israel und nicht zuletzt vor der ernsthaften Belastung der vitalen Beziehungen zu den USA. Die entscheidende Frage, ob und wann ein israelischer Alleingang stattfindet, wird sich am Ausgang dieser Debatte zeigen.

Israels Bellizisten hingegen hoffen insgeheim, dass ein Alleingang notwendigerweise die USA auf ihre Seite der militärischen Auseinandersetzung hineinziehen würde, wodurch ein Erfolg der Mission durchaus zu erzielen wäre. Solch eine krude Kalkulation wurde Anfang März in der israelischen Tageszeitung Haaretz betitelt als »Netanjahus Verschwörung, die USA in einen Krieg zu zerren«.

In den USA bilden die so genannte Israel-Lobby, der militärisch-industrielle Komplex und der von beiden maßgeblich beeinflusste Kongress sowie die Republikanische Partei das Camp der Kriegsbefürworter.

Das US-Militär spricht sich fast uneingeschränkt gegen einen baldigen Angriff auf Iran aus

Das US-Militär spricht sich fast uneingeschränkt gegen einen baldigen Angriff auf Iran aus. Hochrangige Vertreter des US-Militärs und der Geheimdienste haben sich zum Teil sehr deutlich gegen einen Krieg ausgesprochen. Darunter befinden sich Geheimdienstchef James R. Clapper, der Chef der Joint Chiefs of Staff, General Martin Dempsey, sein Vorgänger Admiral Michael Mullen, Verteidigungsminister Leon Panetta, sein Vorgänger Robert Gates und der frühere Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in der Region, General Anthony Zinni. Iran unterhalte weder ein Atomwaffenprogramm noch habe er entschieden, eine Bombe zu bauen, sodass der Zeitpunkt eines militärischen Vorgehens nicht gekommen sei. Ein Angriff würde zudem die gesamte Region (weiter) destabilisieren und somit US-Streitkräfte und -Interessen iranischen Vergeltungsschlägen aussetzen.

Auf längere Sicht wäre es durchaus möglich, dass US-Bodentruppen zum Einsatz kämen – mit zu erwartenden hohen Opfern seitens der US-Soldaten. Die Folge eines Angriffs wäre kaum effektiv, Iran würde wohl zügig und geheim nach der Atomwaffe streben. »Die einzige Möglichkeit, eine iranische Atomwaffenfähigkeit zu verhindern, bestünde darin, dass die Iraner sich entscheiden, dass dies nicht in ihrem Interesse liegt. Alles andere ist eine kurzfristige Lösung«, so beispielsweise Gates.

Die pragmatischen Kräfte in der EU und den USA fürchten die unkalkulierbaren Folgen eines Angriffs auf Iran und raten davon ab. Neben der weiteren Destabilisierung der Region, werden die dramatischen Folgen für die Weltwirtschaft zurecht ins Feld gebracht. Momentan ist es aber nicht sehr wahrscheinlich, dass sich dieses Camp gegenüber dem kriegstreibenden Lager durchsetzt.

Werden die angekündigten Verhandlungen – zwischen Iran und den so genannten P5+1 (die UN-Vetomächte plus Deutschland) Entschärfung bringen? Dies ist wenig wahrscheinlich, da die Gruppe – allen voran die NATO-Staaten – nicht von ihrer kaum realistischen Maximalposition abweichen wollen: Iran soll gemäß UN-Sicherheitsrats-Resolutionen sein Atomprogramm praktisch einstellen – und somit auf sein völkerrechtlich verankertes Recht verzichten. Teheran aber hat wiederholt geäußert, dass es dieser Forderung nicht nachkommen kann und wird.

Deeskalation ist das Gebot der Stunde. In den westlichen Hauptstädten müsste man sich flexibel zeigen, damit der Weg für eine diplomatische Lösung geöffnet wird. Iran müsste das Recht auf ein ziviles Atomprogramm eingeräumt werden, schärfere Inspektionen könnten durchaus durchgesetzt werden, sofern die Atlantische Allianz im Gegenzug die fatalen Sanktionen aufhebt. Derweil liegen eine ganze Reihe diplomatischer Möglichkeiten bereit, ausgeschöpft zu werden.

Das Kerndilemma in der Iran-Frage bleibt weiterhin bestehen

Die iranische Zivilbevölkerung leidet immens an dem nunmehr dramatischen Sanktionsregime, das nichts anderes als einen Wirtschaftskrieg gegen das Land darstellt. Suzanne Maloney, Expertin für iranische Wirtschaft vom US-Think-Tank Brookings Institution, sagte zur Jahreswende 2011/12: »Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die Sanktionen einen regelrechten Angriff auf die iranische Wirtschaft darstellen.« Während immer größer werdende Teile der Bevölkerung durch horrende Preise und andere Einschränkungen, vor allem im medizinischen Bereich, leiden, werden die Sanktionen die Zivilgesellschaft perspektivisch zermürben. Somit baut sich der Machtvorsprung des Regimes gegenüber der Bevölkerung und v.a. der Zivilgesellschaft aus.

Unterdessen ist es besorgniserregend, dass die Fortsetzung des verdeckten Krieges gegen Iran, zuletzt etwa die Morde an Wissenschaftlern, zusammen mit dem von der EU ab Juli angekündigten Ölembargo, eine iranische Reaktion – v.a. im ohnehin hochmilitarisierten Persischen Golf – provozieren könnte, welche schließlich als Kriegsgrund herhalten könnte.

Das Kerndilemma in der Iran-Frage bleibt weiterhin bestehen: Man kann ein von außen umzingeltes Land, gegen den man zudem einen verdeckten und offen wirtschaftlichen Krieg führt, nicht durch Sanktionen oder Gewaltandrohungen das Gefühl der Sicherheit geben, das es bräuchte, um dem westlichen Wunsch nachzukommen, keine Atomwaffenfähigkeit anzustreben. Ein Kurswechsel westlicher Politik weg von der falschen Medizin von Sanktionen und Kriegsdrohungen und hin zu ernsthaften diplomatischen Avancen sowie einer Perspektive für regionale Sicherheit und Kooperation sollte auf die Tagesordnung gesetzt werden.

 

QUELLE

Ali Fathollah-Nejad (2012) “Krieg gegen den Iran? Zeit für Diplomatie“, Zenith Online, 4. April.

Iran, Israel and the West | Iran, Israel und der Westen

Das deutsche Original befindet sich weiter unten.


Iran, Israel and the West: Is There a Way Out of the Crisis?

Interview with Ali Fathollah-Nejad & Hillel Schenker

 

Possible alternatives and the perception of the spiral of violence discussed in Berlin by German–Iranian political scientist Ali Fathollah-Nejad and Israeli journalist and peace activist Hillel Schenker at the invitation of German branch of the International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW Germany) and the Friedrich Ebert Foundation (FES). The debate on which the following text is based upon was held on 23 April 2012 at the FES before an audience of over 150 diplomats, politicians, academics, students, NGO activists and other concerned citizens.

Moderator: Does the Middle-East face an armed, nuclear conflict between Israel and Iran? In the public discussion there are only three options: military action with conventional weapons, a nuclear attack or a continuation of the sanctions policy against Iran.

Ali Fathollah-Nejad: From the beginning, the West has used coercive diplomacy against Iran. This strategy does not aim at reconciliation of interests, but at a de facto capitulation of Iran. From the Iranian perspective, there has been a security deficit, which was enforced by the neoconservative wars of the last decade through the increased military presence of the Americans in the region. Due to the fact that the West didn’t take into account Iran’s legitimate security interests, coercive diplomacy has failed. The lack of any solution to the conflict has led to a continuing escalation.

Moderator: What are the effects of the sanctions policy of the West in Iran?

Ali Fathollah-Nejad: To put it briefly, sanctions have made legal trade illegal. The situation in Iran has dramatically tightened in the last few months. Prices are rising and the currency has lost nearly half of its value. It is the population who has to pay the price of sanctions. The élite owns the resources and has ways to withstand the sanctions. Hence, the sanctions actually widen the power gap between the ruling structures on one side and the civilian economy and society on the other. As a result, civil society finds itself in a state of siege, pressured by both an authoritarian regime and by sanctions and the permanent threat of war. Overall the policy of the West in the region pushed forward a process of securitization in the country. Instead of running towards an armed conflict, the focus should be on the process of balancing interests and perspectives for security and collaboration. It is alarming that there are no clear signals for de-escalation and conflict resolution, and this is true for Germany as well.

Moderator: Which are the reactions of the Israeli population on the debate around a possible attack on Iranian nuclear facilities?

Hillel Schenker: In Israel everyone is frightened of the possibility of Iranian nuclear armament. Public opinion surveys show this. For example the Israeli population was asked how they would react in case of a nuclear armament of Iran. 25% of the questioned answered they would possibly leave the country. Another survey shows that the majority of Israelis would be for giving up the Israeli nuclear weapons and becoming a part of a nuclear-free zone if this would prevent Iran from getting nuclear weapons.

Moderator: Is the statement from Iran that they are only interest in nuclear energy is the civil use convincing?

Ali Fathollah-Nejad: Due to its geography, its demography and its long cultural history, Iran has a particular place in the region. The country has a quasi-natural geopolitical influence. An important component of the strategic thinking in Tehran is that a nuclear bomb is counter-productive to their grand-strategic interests. If Iran went nuclear, it is probable that other states in the region, states which Iran is not friends with, like the countries of the Gulf Cooperation Council (GCC), such as Saudi Arabia, would get nuclear weapons. Such a nuclear stand-off would lead to the loss of the natural geopolitical importance of Iran.

Moderator: Which options about the Iranian nuclear program are discussed in the Israeli public?

Hillel Schenker: In the public discussion there are currently two strategies of how to deal with the Iranian nuclear program. One idea is an Israeli or American or coordinated nuclear attack against the Iranian nuclear facilities. A large amount of military experts expect that this will lead to a spiral of violence in the region with a lot of civilian victims without leading to success. Another option would be a combination of sanctions and negotiations. But there is a third: direct negotiations between the two parties on neutral ground. These negotiations should aim to create a nuclear-free zone in the Middle East. In 2010 at a NPT (Nuclear Nonproliferation Treaty) review conference, it was decided that an international conference should be held to create such a nuclear weapons-free zone. The conference will be held at the end of this year, 2012, or at the beginning of next year in Finland, with the facilitation of Finnish Under-Secretary of State Jaakko Laajava.

Moderator: How can civil society help lead this conference to success?

Hillel Schenker: From the point of view of the civil society it is essential that Israel and Iran will be attending this conference. If either does not attend, the conference will be a failure. The second point is the conference should not be a one-time event. It has to be the beginning of a process. Thirdly, all the participants have to recognize that a nuclear and mass destruction weapons-free zone and peace in the Middle East are not mutually exclusive; they depend on each other and they have to take place simultaneously.

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A previous version has been posted on the website of the Palestine–Israel Journal of Politics, Economics and Culture on 25 July 2012. Fathollah-Nejad’s statements were originally made in German; the present version presents an edited translation thereof.

 

SOURCE

Ali Fathollah-Nejad & Hillel Schenker (2012) “Iran, Israel, and the West: Is There a Way Out of the Crisis?“, Palestine–Israel Journal of Politics, Economics and Culture (online), 25/07

▪ slightly edited version republished on Fair Observer, 27/08 ▪ Global Research, Montreal: Centre for Research on Globalization, 28/08 ▪ Arab Spring Collective (Cairo), 29/08.

▪ posted on Red Horse Down, 12/09, Alex(ander) Patico (co-founder of the National Iranian American Council [NIAC] and member of the Board of Advisory of the Campaign Against Sanctions and Military Intervention in Iran [CASMII]).

 

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Iran, Israel und der Westen: Auswege aus der Bedrohungsspirale

Ein Interview mit Ali Fathollah-Nejad und Hillel Schenker

 

Droht im Nahen Osten ein militärischer Konflikt mit unabsehbaren Folgen, eine nukleare Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran? Wenn man die öffentliche Diskussion aufmerksam verfolgt, dann scheint es im Nahen Osten zurzeit nur drei Optionen zu geben. Einen Militärschlag mit konventionellen Waffen, einen Nuklearschlag oder weiterhin eine scharfe Sanktionspolitik gegen den Iran.

Welche Alternativen möglich sind und wie die Spirale der Gewalt in beiden Ländern wahrgenommen wird, darüber diskutierten der israelische Journalist und Friedensaktivist Hillel Schenker und der deutsch-iranische Politologe Ali Fathollah-Nejad in Berlin auf Einladung der IPPNW und der Friedrich-Ebert-Stiftung.

[Lesen Sie hier weiter.] (pdf)

 

QUELLE

Ali Fathollah-Nejad & Hillel Schenker (2012) “Iran, Israel und der Westen: Auswege aus der Bedrohungsspirale” [Iran, Israel and the West: Exiting the Dangerous Spiral], interview, IPPNWforum, Berlin: International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW) Germany, No. 130 (June), pp. 10–11.

 

REAKTIONEN

Auf Kollisionskurs mit dem Iran

 

Inhalte (Zwischenüberschriften):

  • Auf Krieg einstimmendes Spektakel
  • Der erste Iran-Bericht des neuen IAEA-Generalsekretärs Amano
  • Lähmende Sanktionen
  • Völkerrechtswidrig: Die neue Runde unilateraler Sanktionen
  • Auswirkungen auf Iran
  • Sanktionen treffen die Zivilbevölkerung
  • Sanktionen stärken diejenigen, die sie eigentlich schwächen sollen
  • Ein Wirtschaftskrieg
  • Fazit: Für den Krieg ist der Boden bereitet

 

[Der ganze Beitrag als pdf.]

 

QUELLE

Ali Fathollah-Nejad (2012) “Auf Kollisionskurs mit dem Iran: Von Spektakeln, lähmenden Sanktionen und der Vorbereitung eines Krieges” [On Collision Course with Iran: On Spectacles, Crippling Sanctions and the Preparation of a War], Hintergrund: Das Nachrichtenmagazin, No. 2/2012, pp. 15–19. [Fußnoten | Footnotes]

Friedens- statt Kriegspolitik | A Policy of Peace Instead of War

 

Please scroll down to see the Declaration in English and Persian.

Der Konflikt mit Iran spitzt sich gefährlich zu. Das vom Westen beschlossene Ölembargo und der Boykott der iranischen Zentralbank sind gefährliche Interventionen. Schon einmal verhängten Großbritannien und USA in den 1950er Jahren ein Ölembargo gegen Iran, das zum Sturz der demokratisch gewählten Regierung Mossadegh führte. Die heute eingeleiteten Öl- und Finanzembargos treffen vor allem die Menschen im Iran. Obendrein liefern sie dem gegenwärtigen Regime die Rechtfertigung, sich mit Hinweis auf die historische Parallele als Opfer westlicher Aggression und als legitime Verteidiger und Beschützer der Unabhängigkeit des Iran, eines für alle Iraner vorrangigen politischen Ziels, darzustellen. Die militaristischen Strömungen in der Islamischen Republik fühlen sich so geradezu legitimiert, mit der Schließung der Straße von Hormuz im Persischen Golf zu drohen. Die Sanktionseskalation ist auf dem besten Wege, in einen Krieg einzumünden. Er würde nicht nur für die Menschen im Iran katastrophale Folgen haben, sondern auch die gesamte Region auf weitere Jahrzehnte destabilisieren.

Das iranische Volk will – alle Indizien sprechen dafür – weder einen Krieg noch iranische Atombomben. Es wehrt sich allerdings gegen jede militärische Bedrohung von außen. Israels Atomarsenal und die militärische Einkreisung Irans durch die USA, die inzwischen in nahezu allen seinen Nachbarländern Militärbasen errichtet haben, sind wichtige Ursachen für die Rüstungsanstrengungen Irans. Mit der Tolerierung von Israels Atomwaffenarsenal bei gleichzeitiger Bekämpfung des iranischen Atomprogramms tragen USA und EU die Hauptverantwortung dafür, dass kaum ein Oppositionspolitiker im Iran es wagt, die Atompolitik der Islamischen Republik in Frage zu stellen.

Auch in Deutschland und Europa fühlen wir uns mit der zunehmenden Gefahr eines Krieges konfrontiert, der schwerwiegende Folgen für Europa und die Welt haben würde. Wer das Ziel verfolgt, die Islamische Republik durch Intervention von außen zu beseitigen, wird realistische Lösungen für den Atomkonflikt ignorieren. Wir warnen deshalb davor, dass maßgebliche Kräfte in den USA und ihre exiliranischen Mitläufer den Atomkonflikt für einen Regime Change zu instrumentalisieren suchen. Die Behauptung, die Nuklearmacht Iran könne nur durch Krieg verhindert werden, ist irreführend. Wir lehnen sie daher entschieden ab.

Wir fordern den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Barack Obama, auf:

Stoppen Sie die Embargos gegen iranisches Öl und die iranische Zentralbank. Verhindern Sie, dass der bevorstehende Präsidentschaftswahlkampf die US-Regierung und Israel in einen Krieg mit unvorhersehbaren Folgen stürzt. Bieten Sie Iran als Gegenleistung für das kontrollierte Beschränken des Nuklearprogramms entsprechend den Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrages einen gegenseitigen Nichtangriffspakt, möglichst gemeinsam mit Israel, an.

Von der deutschen Bundeskanzlerin fordern wir:

Schließen Sie jede Beteiligung Deutschlands an einem Krieg gegen Iran öffentlich aus und stoppen Sie die riskante Sanktionseskalation. Unterstützen Sie möglichst zusammen mit anderen europäischen Regierungen die von der UNO beschlossene Konferenz für eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Mittleren und Nahen Osten, die 2012 beginnen soll und die bisher in der Öffentlichkeit ignoriert wird. Dabei verspricht dieses Vorhaben, das durch eine KSZE-ähnliche Konferenz ergänzt werden könnte, eine völlig neue Perspektive des Friedens und der Kooperation für die gesamte Region. Nur eine Politik, die alle Staaten der Region, Israel eingeschlossen, zur atomaren Abrüstung und Enthaltsamkeit verpflichtet, kann das gegenseitige Misstrauen beseitigen und den Feindbildern zwischen den Religionen, Völkern und Staaten sowie dem Wettrüsten und den Diktaturen den Boden entziehen.

Wir bitten die UNO, die geplante Konferenz möglichst bald einzuberufen, selbst wenn sie zunächst von Israel oder Iran boykottiert werden sollte. Auf Dauer wird sich niemand in der Region dieser Perspektive verschließen können, ohne seine Glaubwürdigkeit und Legitimation zu verlieren. Über den aktuellen Atomkonflikt hinaus wüchse mit einer ständigen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittleren und Nahen Osten (KSZMNO) die Hoffnung, dass ein neuer friedenspolitischer Rahmen zur Lösung anderer aktueller Konflikte, insbesondere des Nahostkonflikts, entstehen könnte.

 

Auf Einladung von Andreas Buro, Christoph Krämer und Mohssen Massarrat unterstützen diese Erklärung:

ErstunterzeichnerInnen: Dr. Franz Alt; Prof. Dr. Elmar Altvater; PD Dr. habil. Johannes M. Becker; Prof. Dr. Hanne-Margret Birckenbach; Reiner Braun; Prof. Dr. Andreas Buro; Daniela Dahn; Prof. Dr. Hans-Peter Dürr; Prof. Dr. Theodor Ebert; Prof. Dr. Dr. hc. Iring Fetscher; Dr. Ute Finckh; Prof. Dr. Drs. hc. Johan Galtung; Prof. Dr. Ulrich Gottstein; Prof. Dr. Peter Grottian; Prof. Dr. Frigga Haug; Evelyn Hecht-Galinski; Prof. Dr. Rudolf Hickel; Matthias Jochheim; Heiko Kauffmann; Prof. Dr. hc. Karlheinz Koppe; Christoph Krämer; Prof. Dr. Ekkehart Krippendorff; Felicia Langer; Prof. Dr. Mohssen Massarrat; Dr. Christine Morgenroth; Prof. Dr. Wolf Dieter Narr; Prof. Dr. Oskar Negt; Dr. Bahman Nirumand; Prof. Dr. Norman Paech; Prof. Dr. Fanny-Michaela Reisin; Bergrun Richter; Wiltrud Rösch-Metzler; Clemens Ronnefeldt; Prof. Dr. Werner Ruf; Dr. Christine Schweitzer; Prof. Dr. Eva Senghaas-Knobloch; Prof. Dr. Gert Sommer; Hans von Sponeck; Eckart Spoo; Prof. Dr. Udo Steinbach; Otmar Steinbicker; Dr. Reiner Steinweg; Mani Stenner; Dr. Peter Strutynski; Helga Tempel; Konrad Tempel; Prof. Dr. Rolf Verleger; Renate Wanie; Dr. Christian Wellmann; Prof. Dr. Herbert Wulf.

Regelmäßig aktualisierte Liste der UnterzeichnerInnen: ca. 90 Organisationen und knapp 2000 Einzelpersonen (Stand: 19.4.2012)

Wir bitten um Unterstützung dieser Erklärung und weitere Verbreitung. Insbesondere für eine Veröffentlichung in Zeitungsanzeigen, bitten wir um finanzielle Beteiligung durch eine Spende an das Sonderkonto der Kooperation für den Frieden:

Förderverein Frieden e.V., Konto-Nr. 404 1860 401 bei der GLS Bank (BLZ 430 609 67), IBAN: DE89430609674041860401 / BIC: GENODEM1GLS mit dem Stichwort “Iranerklärung”.

Rückmeldung zur Unterstützung bitte an: Kooperation für den Frieden, Römerstr. 88, 53111 Bonn per Post, Fax: 0228/692906 oder eMail: iranerklaerung@koop-frieden.de oder oder über das Online-Formular.

 

QUELLEN

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A Policy of Peace Instead of War in the Iran Conflict

An Immediate End to Sanctions and Threats of War

A Declaration from the German Peace Movement and Peace Researchers

The conflict with Iran is dangerously escalating. Both the planned oil embargo and boycott of the Iranian Central Bank by the West are perilous interventions. Once in the past, in the 1950s, Britain and the United States imposed an oil embargo on Iran. This led to the overthrow of the democratically elected Mossadegh government. The impact of today’s oil and financial embargoes will primarily be felt by the ordinary people of Iran. And in light of the historical parallels, these measures will only serve to vindicate the current regime’s claim to be a victim of Western aggression and enable it to present itself as the legitimate defender of Iran’s independence, an uppermost political goal of all Iranians. Militarists in the Islamic Republic now even feel justified in threatening to close the Strait of Hormuz in the Persian Gulf. This escalation of sanctions is perfectly suited to lead to war. This would not only have catastrophic consequences for the people of Iran, but also destabilize the entire region for many decades to come.

All evidence suggests that the Iranian people have no desire either for war or an Iranian nuclear bomb. They refuse to accept, however, any foreign military threat. Israel’s nuclear arsenal and the military encirclement of Iran by the U.S. which at present maintains military bases in almost all of the countries neighbouring Iran, are important motives behind Iran’s armament efforts. By tolerating Israel’s nuclear arsenal while simultaneously opposing the Iranian nuclear programme, the U.S and the EU must bear the primary responsibility for the fact that hardly any opposition politician in Iran dares to question the nuclear policies of the Islamic Republic.

We in Germany and in Europe as a whole also feel confronted with the growing danger of war, as it would clearly pose serious consequences for Europe and the world. Those aiming to eliminate the Islamic Republic through foreign intervention simply ignore realistic solutions to resolving the nuclear conflict. We therefore warn influential forces in the U.S. and their exiled-Iranian followers against attempting to instrumentalize the nuclear conflict in order to push for regime change. The claim that a nuclear armed Iran can only be prevented through war is a deceptive one that we firmly reject.

We call upon the President of the United States, Barack Obama:

Stop the embargoes against Iranian oil and the Iranian Central Bank. Do not allow the American presidential campaign to plunge the U.S. administration and Israel into a war with unforeseeable consequences. In return to a controlled curtailment of its nuclear programme in accordance with the terms of the Nuclear Non-Proliferation Treaty, offer Iran a mutual non-aggression pact, preferably along with Israel.

We demand from the German Chancellor:

Rule out publically any German participation in a war against Iran and put a halt to the risky escalation of sanctions. Support, preferably with other European governments, the United Nations Middle East WMD-Free Zone Conference, which is scheduled to begin in 2012 and which has received next to no public attention. Yet, this undertaking, which could be complemented with a Conference for Security and Cooperation in the Middle East (CSCME), would offer a whole new perspective for peace and cooperation for the entire region. Only a policy that requires all states in the region, including Israel, to pursue nuclear disarmament and the renunciation of nuclear weapons can overcome mutual distrust as well as enemy images between the region’s religions, peoples and states. The arms race and regional dictatorships would lose their raison d’être.

We ask the United Nations to convene the planned conference as soon as possible, even if it is initially boycotted by Israel or Iran. In the long run, no one in the region can afford to close its mind for the perspective offered by the conference without losing its credibility and legitimacy. A permanent Conference for Security and Cooperation in the Middle East (CSCME) would raise hopes that a new framework for peace policies would arise to help solve – in addition to the current nuclear dispute – other existing problems, in particular, the Mideast conflict.

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At the invitation of Andreas Buro, Christoph Krämer, and Mohssen Massarrat, the following individuals as initial signers have expressed their support for this Declaration:

Franz Alt, Elmar Altvater, Johannes M. Becker, Hanne-Margret Birckenbach, Reiner Braun, Daniela Dahn, Hans-Peter Dürr, Theodor Ebert, Iring Fetscher, Ute Finkh, Johan Galtung, Ulrich Gottstein, Peter Grottian, Matthias Jochheim, Heiko Kauffmann, Karlheinz Koppe, Ekkehart Krippendorff, Wiltrud Roesch-Metzler, Christine Morgenroth, Wolf-Dieter Narr, Oskar Negt, Bahman Nirumand, Norman Paech, Bergrun Richter, Clemens Ronnefeldt, Werner Ruf, Christine Schweitzer, Eva Senghaas-Knobloch, Gert Sommer, Hans von Sponeck, Eckart Spoo, Otmar Steinbicker, Mani Stenner, Peter Strutynski, Helga Tempel, Konrad Tempel, Renate Wanie, Herbert Wulf and Christian Wellmann.

For a complete list of the signatories (as of 19 April 2012, about 90 organizations and almost 2000 individuals have signed), see http://www.friedenskooperative.de/themen/iranerkg.htm#marke02.

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The Declaration can be signed, and financially endorsed for further newspaper ads, here: http://www.friedenskooperative.de/cgi-bin/iran.pl

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Note: The text here is a translation from the German original. The declaration appeared as an ad in the weekly Der Freitag on 29 March 2012 and in the Süddeutsche Zeitung, the largest German national subscription daily newspaper, on 31 March 2012.

 

SOURCES

READ MORE

Iran-Termine der IPPNW Deutschland

Eine Dokumentation

IPPNW-Jahrestreffen 2012

22. April 2012

Der Iran-Atomkonflikt: Gibt es einen Weg aus der Bedrohungsspirale? | Öffentliches Symposium mit Ali Fathollah-Nejad, Hillel Schenker (Mitherausgeber, Palestine–Israel Journal of Politics, Economics and Culture) & Prof. Dr. Udo Steinbach (ehem. Direktor, Orient-Institut [später: German Institute of Global and Area Studies GIGA], 1976–2006) | Jahrestreffen der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW Deutschland), Braunschweigisches Landesmuseum.

Video-Aufzeichnung

Medien

Erklärungen der IPPNW Deutschland

Photos

 

Pressekonferenz

23. April 2012 Iran, Israel und der Westen: Gibt es einen Ausweg aus der Bedrohungsspirale? | Pressekonferenz mit Ali Fathollah-Nejad, Hillel Schenker (Mitherausgeber, Palestine–Israel Journal of Politics, Economics and Culture) & Dr. Jens Wagner (Vorstandsmitglied der IPPNW Deutschland | Veranstaltet durch die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW Deutschland) | IALANA-Hauptstadtbüro, Schützenstrasse 6a, 10117 Berlin, 11 Uhr.

Medien

 

Podiumsdiskussion in der Friedrich-Ebert-Stiftung

23. April 2012 Iran, Israel und der Westen: Gibt es einen Ausweg aus der Bedrohungsspirale? | Diskussion mit Ali Fathollah-Nejad, Hillel Schenker (Mitherausgeber, Palestine–Israel Journal of Politics, Economics and Culture) | Veranstaltet durch die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW Deutschland) und der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), FES, Berlin.

 

Bericht der FES (23. April 2012)

  • Diskussionsveranstaltung mit Hillel Schenker, israelischer Journalist und Friedensaktivist, und Ali Fathollah-Nejad, deutsch-iranischer Politologe und Iran-Experte

Zwar ist die Debatte um einen Angriff auf Iran etwas abgeflaut, doch wenn die derzeitige Gesprächsrunde mit Iran scheitert und die im Juli einsetzenden Sanktionen gegen den Öl- und Finanzsektor keine Wirkung zeigen, werden Möglichkeiten und unabsehbare Folgen eines Angriffs auf iranische Nuklearanlagen erneut diskutiert werden. Was sind die Hintergründe dieser Bedrohungswahrnehmung? Was sind Ergebnisse bisheriger westlicher Iranpolitik und was kann getan werden, um weitere Regelungsmechanismen, wie zum Beispiel eine nuklearwaffenfreie Zone in der Region, zu forcieren? Über diese und weitere Fragen diskutierten Hillel Schenker, israelischer Journalist und Friedensaktivist, und Ali Fathollah-Nejad, deutsch-iranischer Politologe und Iran-Experte, im Rahmen einer Diskussion in der Friedrich-Ebert-Stiftung. Beide Teilnehmer betonten die bisher kaum gehobenen Potentiale zivilgesellschaftlicher Initiativen für eine Konfliktregelung, etwa die einer massenvernichtungsfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten. Dabei hoben sie hervor, dass westliche Politik mittel- und langfristig dann erfolgreich sein kann, wenn mit Blick auf Iran und Israel mehr für gegenseitige Anerkennung und Gewaltverzicht geworben würde – auch mit aktiver Beteiligung der Zivilgesellschaft.

FES-Audio-Podcast

Medien

  • Deutsche Welle TV Arabic, Interviews mit Hillel Schenker und Ali Fathollah-Nejad, 24. April 2012;
  • Xanthe Hall [Koordination der politisch-strategischen Arbeit, Internationales, Frieden, Atomwaffen für die IPPNW Deutschland], “Was tun mit Iran und Israel?“, atomwaffenfrei.jetzt (Blog des Kampagnenrats “unsere zukunft – atomwaffenfrei”), 26. April 2012.

A Zone Free of Nuclear Weapons: Iran’s and Israel’s Long-Term Interests | Atomwaffenfreie Zone: Längerfristige Interessen Irans und Israels

Weiter unten finden Sie die deutsche Fassung des Beitrags.

 

A Zone Free of Nuclear Weapons in Western Asia:

Why It Would Be in the Long-Term Interest of Both Iran and Israel

Undoubtedly, urgent action towards de-escalation is needed in order to avoid the outbreak of a military confrontation with Iran. What governs the present crisis is the presumed logic of collision in a conflict around nuclear monopoly versus deterrence. However, when adopting a long-term view, the two current antagonists could find their national interests satisfied in a zone free of nuclear weapons. Pointing to such a hopeful prospect might alleviate any deterministic pessimism looming over the conflict that conceives war as the only possible end-game.

More than before, the endless spectacle surrounding Iran’s nuclear program tends to escalate into war. While most security policy debates incessantly sway between the devil (war) and the deep blue sea (sanctions), it is clear that both options cannot eliminate concerns for nuclear proliferation and the well-being of civilian populations. The only sensible way forward would be to abandon such a policy choice that has proven counterproductive and, not surprisingly, has pushed the conflict to the brink of war. Instead, it would be best to focus efforts towards achieving regional disarmament and ultimately a nuclear weapons-free zone. Contrary to widespread assumptions, it can be argued that both Tel Aviv and Tehran have a long-term strategic interest in such a zone.

The only way forward is that of regional disarmament

For Israel, the danger would lie in the nuclearization of other important countries in the region (such as Egypt, Saudi Arabia and Turkey). Such a “balance of threats” would then have an unfavourable impact on its security and definitely curtail its military deterrence capability towards its neighbours. Since the “military solution” against the nuclear armament of a larger country – as can be observed in the case of Iran – is hardly considered a sustainable one by Israeli strategists, the only solution would consist in regional disarmament as a way to effectively provide for security.

For its part, Iran as a nuclear weapons state would dramatically lose its natural, geographically determined power position in Western Asia once nuclearization of its geopolitically weaker neighbours (especially those on the Arabian Peninsula) is triggered. Thus, in the medium to long term the possession of nuclear weapons would constitute a great disservice to the grand strategic interests of the country.

Therefore, it seems necessary to appeal to the long-term interests of both states. Far-sighted decision-makers on both sides should come to the conclusion that the future cannot rest on fragile short-term security calculations but in a zone free of nuclear weapons.

The situation necessitates alternative approaches

The above considerations are not meant to hide potential adversities. They are intended to stress the need not to search for solutions in alleged impasses of Realpolitik, all the while a possible resort in fact points to an opposite direction. Just as the German–French arch rivalry could unexpectedly be overcome, history shows us that the Iranian–Israeli rivalry is of geopolitical nature and as such it is by no means immune to a resolution.

The current situation in the region calls for alternative approaches in order to avoid a disastrous war with global ramifications. The spiral of armament and hostility can ultimately only lead into an abyss.

As a report by the EastWest Institute outlined in January, it is high time for a regional security architecture in Western Asia. Both the U.S. and the EU should actively be engaged in assisting such a process, which would require nothing less than a paradigm shift. In order to lay a first foundation stone and at the same time send out de-escalating signals to Tel Aviv and Tehran, active political support from the West will be crucial to make the first UN Middle East WMD-Free Zone Conference a success. If the security dilemmas afflicting the region continue to be ignored, it will only be a matter of time before in Europe’s neighboring region the spectacle will flare up in an inferno.

 

SOURCE

Ali Fathollah-Nejad (2012) “A Zone Free of Nuclear Weapons in Western Asia: Why It Would Be in the Long-Term Interest of Both Iran and Israel”, Payvand Iran News, 9 March;

also published on Iran Review, 10 March 2012;

published as “Let’s Get Even: Nuclear Free Zone Is in the Long-Term Interest of Both Iran and Israel“, Iranian.com, 10 March 2012;

an edited version initially appeared as “A Nuclear Weapons Free Zone in the Middle East“, guest column, Informed Comment, 1 March 2012. (Listed as “Resource” for the No War On Iran campaign of the Coalition For Peace Action [CFPA], Princeton, NJ.)

 

REACTIONS

  • George Fernee (2012) “The U.S. and Iran: A Pathology of Paternalism“, International Affairs at LSE (the blog of LSE IDEAS), London School of Economics and Political Science (LSE), 11 March.
  • Linked by the Information Centre of the Preparatory Commission for the Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization (CTBTO), 12 March 2012.

 

 

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Eine atomwaffenfreie Zone in Westasien:

Wieso sie im längerfristigen Interesse Irans und Israels liegt

Das unendliche Spektakel rund ums iranische Atomprogramm tendiert wie kaum zuvor gen Kriegseskalation. Während die meisten sicherheitspolitischen Debatten unablässig zwischen Pest (Krieg) und Cholera (Sanktionen) hin- und herschwanken, ist es klar, dass beide Optionen Bedenken in Bezug auf nukleare Proliferation und dem Wohlergehen der Zivilbevölkerungen nicht beseitigen können. Der einzig sinnvolle Weg nach vorn wäre diese vermeintliche Politik-Alternative, die sich als kontraproduktiv erwiesen hat und den Konflikt keineswegs überraschend an den Rand eines Krieges gebracht hat, aufzugeben und sich anstelle dessen um regionale Abrüstung und letztendlich um eine atomwaffenfreie Zone zu bemühen. Um einen aus der Auseinandersetzung um nukleare Monopole und Abschreckung resultierenden Zusammenstoß zu verhindern, stellt die Einrichtung einer solchen Zone wohl die einzig nachhaltige Lösung dar.

Strategische Weitsicht zum Durchbruch verhelfen

Entgegen weitverbreiteter Auffassungen hätten sowohl Tel Aviv als auch Teheran durchaus ein längerfristiges strategisches Sicherheitsinteresse an einer atomwaffenfreien Zone. Eine schwerlich zu unterbindende nukleare Proliferation in der Region hätte nämlich für beide Seiten negative Folgen.

Für Israel bestünde die Gefahr in einer infolge einer Atomwaffenfähigkeit Irans erfolgende Nuklearisierung anderer gewichtiger Länder der Region (die Türkei, Saudi-Arabien und Ägypten). Solch ein „Gleichgewicht des Schreckens“ würde sich unvorteilhaft auf seine Sicherheit auswirken und seine militärische Abschreckungsfähigkeit gegenüber den Nachbarn empfindlich beschneiden. Da die „militärische Lösung“ gegen die Atombewaffnung eines größeren Landes – wie im Falle Irans zu beobachten – auch von israelischen Strategen als kaum nachhaltig eingestuft wird, bleibt nur der Weg der regionalen Abrüstung, um tatsächlich Sicherheit zu gewährleisten.

Iran seinerseits, als atomwaffenfähiges Land, würde durch die Nuklearsierung seiner geopolitisch schwächeren Nachbarn (v.a. jene auf der arabischen Halbinsel) seine natürliche, geographisch bedingte Machtposition in Westasien dramatisch einbüßen. Somit erwiese sich mittel- und langfristig eine Atombewaffnung als ein Bärendienst gegenüber den großstrategischen Interessen des Landes.

Insofern gilt es an diese längerfristigen Interessen dieser Länder zu appellieren. Es müsste sich bei weitsichtigen Entscheidungsträgern auf beiden Seiten die Einsicht durchsetzen, dass die Zukunft nicht auf fragilen, da kurzfristig angelegten Sicherheitskalkulationen auf der Basis von nuklearer Aufrüstung und gegenseitiger Abschreckung fußen kann, sondern in einer atomwaffen- und massenvernichtungswaffenfreien Zone. Dadurch würde schließlich beiden Sicherheit und friedliche Koexistenz gewährt werden können.

Deeskalierende Signale vonnöten

Die angestellten Überlegungen zu der Realisierbarkeit solch einer Zone sollen nicht über Widrigkeiten hinwegtäuschen, doch aber einen Anstoß dafür bieten, nicht in scheinbar realpolitischen Sackgassen nach Lösungen zu fahnden, während ein Ausweg eher in eine gegensätzliche Richtung weist. Genauso wie die deutsch-französische Erzfeindschaft überraschend überwunden werden konnte, so zeigt uns die Geschichte, dass die iranisch-israelische Rivalität geopolitischer Natur ist und als solche einer Regelung gegenüber keineswegs immun ist.

Die zurzeit dramatische Lage in der Region führt die Dringlichkeit eines alternativen Ansatzes zur Vermeidung von katastrophalen Kriegen vor Augen, deren Auswirkungen nicht nur regional, sondern global zu verzeichnen wären. Denn die Spirale der Aufrüstung in der Region gepaart mit Feindseligkeiten der Parteien kann letztlich nur in den Abgrund führen – all das während man die alles entscheidende Sicherheitsfrage in unverantwortlichem Maße unter den Tisch hat fallen lassen.

Wie das EastWest Institute in einem Bericht letzten Monat darlegte, sei es höchste Zeit für eine regionale Sicherheitsarchitektur in Westasien. Diesem Prozess sollten die USA und die EU aktiv behilflich sein, was nichts weniger als einen Paradigmenwechsel erfordere. Um dafür einen ersten Grundstein zu legen und zugleich deeskalierende Signale nach Tel Aviv und Teheran auszusenden, wäre eine aktive politische Unterstützung des Westens für den Erfolg der ersten UN-Konferenz zur Etablierung einer massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten unabdingbar. Ignoriert man weiterhin die Sicherheitsdilemmata, die die Region plagen, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis in der europäischen Nachbarregion das Spektakel in einem Inferno aufgeht.

 

SOURCE

Ali Fathollah-Nejad (2012) “Gleichgewicht der Abrüstung: Atomwaffenfreie Zone in Westasien“, The European, 19. Februar;

ebenso veröffentlicht als: “Atomwaffenfreie Zone in Westasien: Wieso sie im längerfristigen Interesse Irans und Israels liegt“, Telepolis, 24. Februar.

 

 

Vor allem das Volk leidet: Irans Führung gibt sich vom Öl-Embargo der EU unbeeindruckt und hat jetzt einen Sündenbock (Badische Zeitung)

Michael Wrase | Badische Zeitung | 25. Januar 2012

 

LIMASSOL. Irans Offizielle demonstrieren nach dem am Montag verhängten Öl-Embargo der Europäer Gelassenheit. Die einfachen Menschen in dem längst schwer von Sanktionen gezeichneten Land müssen sich indes auf neue Erschwernisse einstellen.

Der Iran werde nicht ein Jota seiner atomaren Rechte aufgeben, erklärte Vize-Außenminister Abbas Araqchi. Regierungssprecher Rahim Mehmamparast wiederholte Teherans bekannte Position, wonach das Land lediglich über ein ziviles Atomprogramm verfüge. Fortschritte dabei könnten auch durch das ungerechte Öl-Embargo der EU niemals verhindert werden. Man habe gelernt, mit Sanktionen zu leben, betonte Mehmamparast. Das Embargo werde nur die Ölpreise in die Höhe treiben, der Weltwirtschaft schaden und insbesondere die westlichen Staaten treffen, heißt es in einer Erklärung des Ölministeriums. Ähnlich äußerte sich der Vizekommandeur der Revolutionsgardisten, Hossein Salami. Er erinnerte an den Krieg mit Irak, in dessen Endphase die irakische Luftwaffe mit Hilfe Frankreichs den iranischen Erdölexport fast zum Erliegen gebracht habe. Auch damals habe man sich nicht vom richtigen Weg abbringen lassen.

Tatsächlich muss der Iran seit der islamischen Revolution vor fast genau 33 Jahren mit Zwangsmaßnahmen leben. Die Leidtragenden waren niemals die Regierenden; es litt das einfache Volk, das Engpässe bei der Versorgung murrend hinnahm und dafür in der Regel den Westen verantwortlich machte. Auch der von der EU beschlossene Stopp der Ölimporte wird die Regierung von Mahmud Achmedinedschad nicht schwächen, sondern eher stärken, glaubt Paul Stevens, Iranexperte bei der Londoner Denkfabrik Chatham House. Dem in die Kritik geratenen Staatspräsidenten biete sich nun eine goldene Gelegenheit, die EU für die Unzulänglichkeiten und Fehler seiner Regierung verantwortlich zu machen.

Auch Opposition gegen Strafmaßnahmen

Es sei eine Illusion, wenn der Westen glaube, die ums Überleben kämpfenden Iraner würden sich jetzt gegen ihre Regierung erheben, sagte der iranische Politikwissenschaftler Ali Fathollah-Nejad. Auch die von den Oppositionspolitikern Mussawi und Karrubi geführte grüne iranische Bewegung lehne Sanktionen ab, weil darunter das Volk leide, das Regime aber gestärkt werde.

Nach Angaben iranischer Ökonomen hat der iranische Rial in den vergangenen zwei Monaten fast die Hälfte seines Wertes gegenüber dem US-Dollar verloren. Die Hauspreise stiegen im gleichen Zeitraum um mehr als 20 Prozent, die Preise für Lebensmittel um fast 40 Prozent. Fleisch sei für die meisten Iraner inzwischen unbezahlbar. Private Importeure hätten mit gravierenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Nutznießer der Misere seien die iranischen Revolutionsgardisten, deren Unternehmen den aufblühenden Schwarzmarkt mit den im Iran so begehrten westlichen Gütern versorgen.

Da angesichts der iranischen Halsstarrigkeit im Atomstreit mit dem Westen eine Aufhebung der Sanktionen nicht in Sicht ist, werden in Teheran immer lauter Gegenmaßnahmen diskutiert. Die Drohung, die Straße von Hormus zu sperren und so rund 25 Prozent des internationalen Ölexportes zu blockieren, bleibt nach Ansicht westlicher Analysten zwar eine ernstzunehmende Option. Nach der Ankunft eines US-Flugzeugträgers beschwichtigte Irans Regierung aber: Niemals habe man beabsichtigt, die Meerenge zu sperren, stellte Außenminister Ali-Akbar Salehi am Montag in Teheran klar.

 

QUELLE